Chronometer: Poinçon de Genève

Brief und Siegel

Den Ärger mit den Nachahmern gab es schon vor 130 Jahren. Bereits im 19. Jahrhundert versuchten findige Geschäftemacher, mit dem Hinweis auf die bekannte Uhrmacherkunst aus Genf minderwertige Uhren zu hohen Preisen zu verkaufen. Das wollten sich die Genfer Uhrmacher nicht gefallen lassen. Die Republik Genf beschloss deshalb 1886 ein Gesetz, das den Genfer Ursprungs- und Qualitätsbegriff schützen sollte. Man legte technische Qualitätskriterien fest und schrieb die Fertigung im Kanton Genf vor. Damit entstand der Poinçon de Genève, auf Deutsch Genfer Siegel oder Genfer Punze.
Genfer Siegel Chronometerprüfung
Das Stadtwappen von Kanton und Stadt Genf aus dem 15. Jahrhundert wird als «Genfer Siegel» verwendet

Während das Symbol – ein Stempel mit dem Genfer Stadtwappen – über 130 Jahre unverändert blieb, wurden die Vorschriften behutsam aktualisiert. Die größte Veränderung brachte die jüngste Modernisierung mit sich: 2012 stellte das Prüfinstitut Timelab Foundation of the Geneva Laboratory of Horology and Microengineering, das seit 2009 für die Vergabe der Punze zuständig ist, einen neuen Kriterienkatalog vor. Die wichtigste Veränderung: Seit Juni 2012 wird die ganze Uhr anstelle des Werks geprüft. Zudem werden nun auch moderne Konstruktionsprinzipien akzeptiert. Hinzu kommen die Überprüfung von Druckfestigkeit und Gangreserve sowie ein siebentägiger Tragesimulationstest. Unverändert wichtig sind die ausschließliche Herstellung der Uhr im Kanton Genf sowie spezielle Werkveredelungen, auf die sich das Genfer Siegel zuvor fast ausnahmslos konzentriert hatte.

Die Kriterien schreiben bestimmte Dekorationen und Bearbeitungen von Platine, Brücken, Rädern, Schrauben und Lagersteinen vor. Zudem werden konstruktive Anforderungen gestellt: Je nach Werkgröße darf der Unruhreif bestimmte Maße nicht überschreiten, die Befestigung der Spiralfeder soll «ästhetisch ansprechend» wirken und der vom Anker zurückgelegte Winkel muss durch zwei feste Anschläge begrenzt sein – Stifte oder Klötzchen finden keine Gnade vor den Prüfern. In der Summe sorgen diese Vorschriften dafür, dass sich ein entsprechend zertifiziertes Uhrwerk von einem Massenprodukt unterscheidet, da die verlangten Kriterien einen hohen Aufwand bedeuten. Entsprechend aufwendig und teuer ist die Herstellung entsprechender Zeitmesser.

Wer leistet sich das heute noch? Bis 2009 war Patek Philippe der wichtigste Botschafter des Genfer Siegels und hatte alle mechanischen Werke mit dem Genfer Siegel punzieren lassen. 2009 führte das Unternehmen mit dem Patek-Philippe-Siegel jedoch ein eigenes Qualitätszertifikat ein. Aktuell stellen nur Roger Dubuis, Cartier, Chopard und Vacheron Constantin Kaliber mit Genfer Siegel her. Dabei ist Roger Dubuis der einzige Hersteller, der ausnahmslos alle gefertigten Uhrwerke mit dem Genfer Siegel punzieren lässt.

Dieses kann seit Herbst 2014 mithilfe eines neuen Verfahrens aufgebracht werden. Bisher wurde das Siegel mit einem Schlagstempel in das Metall des Uhrwerks «gepunzt», was jedoch zu Verformungen führen kann. Seit 2014 ist eine sogenannte Nanostruktur-Markierung möglich, die von der Universität Genf und MaNEP, einem Schweizer Kompetenzzentrum für Physik, in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Phasis, einem Spezialisten für Nanotechnologie, Metallurgie und innovative Materialien, entwickelt wurde. Dabei verändert ein chemischer Prozess die Oberfläche des Trägermetalls und bildet das Genfer Wappen optisch sehr klar ab. Dies kann auch auf sehr kleinen Uhrwerkkomponenten erfolgen, ohne dass das Material beeinträchtigt wird.

Text: Iris Wimmer-Olbort

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