Stopp mal!

Der Chronograph

Er ist die am weitesten verbreitete uhrmacherische Komplikation und rangiert in der Liste der Männerspielzeuge ganz oben. Eine kleine Übersicht über die verschiedenen Spielarten des Chronographen.

Kurze Begriffsbestimmung vorweg: Der Chronograph unterscheidet sich von der Stoppuhr dadurch, dass er gleichzeitig auch die Uhrzeit anzeigt. Das Uhrwerk ist daher mechanisch sauber getrennt vom Zeigerwerk des Kurzzeitmessers, und da sind wir auch schon mitten im Thema.

Porsche Design Monobloc Actuator
© Häußermann
Die Chronographendrücker des Monobloc Actuator von Porsche Design verstecken sich unter einer Wippe, die sich als Gehäuseflanke tarnt.

Einkuppeln, auskuppeln

Der bzw. die Drücker des Chronographen dienen grundsätzlich dazu, den normalerweise «geparkten» Kurzzeitmesser in Gang zu bringen, anzuhalten und wieder auf null zu setzen. Dabei wird über ein gefrästes Schaltrad (teuer) oder über eine aus gestanzten Scheiben zusammengesetzte Kulisse (billiger) eine Kupplung betätigt, die ein Zahnrad des Uhrwerks mit einem Zahnrad des Chronographen-Mechanismus in Eingriff bringt. Das kann durch seitliches oder durch axiales Verschieben eines der beiden Räder geschehen. Man spricht dann von einer horizontalen oder vertikalen Kupplung.
Bei einem konventionellen Chronographen erfolgt das Ein- und Auskuppeln über den oberen der beiden neben der Krone angeordneten Drücker. Der untere Drücker dient der Nullstellung des Sekundenzeigers (aus der Mitte) sowie des oder der Totalisatoren, meist ein 30-Minuten-Zähler und ein 12-Stunden-Zähler. Bei der sogenannten Flyback-Funktion (frz. «retour en vol», übersetzt «Rückstellung im Flug») kann man die Chronographen-Anzeige ohne vorheriges Auskuppeln abbrechen, nullstellen und neu starten – mit nur einem einzigen Knopfdruck. Diese Funktion sieht man dem Chronographen von außen nicht an.

Manero Flyback Chronograph von Carl F. Bucherer
Der Manero Flyback Chronograph von Carl F. Bucherer lässt sich mit einem einzigen Knopfdruck rückstellen und neu starten.

Zwischenzeiten messen

Ganz im Gegensatz zum Schleppzeiger-Chronographen, auch Einholzeiger-Chronograph genannt, auf Französisch «chronographe à rattrapante», auf Englisch «split seconds chronograph». Dieser verfügt nämlich nicht nur über einen dritten Drücker, sondern auch über einen zweiten Chronographen-Sekundenzeiger, wobei dieser oft nur schwer erkennbar ist. Im Normalfall schmiegt er sich nämlich dicht unter seinen gleich langen Kollegen und dreht mit diesem gemeinsam seine Runden. Wenn man aber eine laufende Messung kurz unterbrechen will, um beispielsweise eine Zwischenzeit zu notieren, kann man den zweiten Sekundenzeiger mit dem dritten Drücker kurz anhalten, während der andere unbeirrt weiterläuft. Durch erneutes Drücken holt der Schleppzeiger mit einem Satz den vorausgeeilten Kollegen wieder ein und schlüpft in seinen Schatten – bis zur nächsten Zwischenzeitmessung.

Eins, zwei, drei Drücker

Die ersten Chronographen – Taschen- wie auch Armbanduhren – hatten nur einen Drücker, der die Funktionen Start-Stopp-Nullstellung nur in dieser Reihenfolge abrufen konnte. Eine Additionszeitmessung war damit nicht möglich. Als besonders elegant galt es, den Drücker in die Aufzugskrone zu integrieren, wo bei Taschenuhren der Entriegelungsmechanismus für den Sprungdeckel saß. Breitling erfand in den 1930er Jahren den separaten Rückstelldrücker und ebnete dem Zwei-Drücker-Chronographen den Weg. Die Konvention sieht den Start/Stopp-Drücker am Gehäuse neben der «2» und den Rücksteller neben der «4» vor. Beim Porsche Design Actuator Monobloc verstecken sich die beiden Drücker unter einer wippbaren Gehäuseflanke, Habring² steuert den Chronographen «COS» ohne Drücker nur mit der Krone, die sich gegen fühlbare Widerstände verdrehen lässt.
Der Schleppzeiger-Drücker wird üblicherweise an der linken Gehäuseflanke neben der «8» oder der «10» angeordnet.

ubiläums-Chronograph 910 von Sinn.
Der dritte Drücker bei der «8» bedient den Schleppzeiger bei diesem Jubiläums-Chronographen 910 von Sinn.

Anzeige- bzw. Ablesegenauigkeit

Entgegen der weitverbreiteten «Expertenmeinung» hat die Schwingfrequenz des Uhrwerks keinen Einfluss auf die Anzeigegenauigkeit des Chronographen, denn der Sekundenzeiger wird beim Auskuppeln augenblicklich gestoppt und fixiert, ohne Rücksicht auf den Rhythmus des Zeigerwerks. Und da der Mensch bei Sekundenbruchteilen gemeinhin an Zehntelsekunden denkt (und nicht an Achtelsekunden), darf man eine Chronographen-Sekundenskala durchaus in Zehnerschritte unterteilen, auch wenn das Uhrwerk mit 4 Hertz (8 Halbschwingungen pro Sekunde bzw. 28.800 A/h) arbeitet. Das Problem ist nämlich in erster Linie die Ablesbarkeit der gestoppten Zeit.
Eine höhere Ablesegenauigkeit erreicht man durch geänderte Übersetzungsverhältnisse im Zeigerwerk und durch eine entsprechend gespreizte Skalierung: Breguet lässt den Sekundenzähler des Type XXII zweimal pro Minute rotieren, Zenith hatte einst ein Modell im Programm, bei dem der lange Sekundenzeiger einmal pro Sekunde (!) umlief und damit die Hundertstelsekunde ablesbar machte. Das aktuelle Modell Defy El Primero 21 nutzt zum selben Effekt ein vom Uhrwerk unabhängiges Chronographenwerk mit extrem hoher Schlagzahl (360.000 A/h), aber sehr geringer Gangreserve (wenige Minuten).

 

Weiterlesen:
Profi-Wissen: Ein Zeiger. Was misst der?
Profi-Wissen: Wie lange noch? Die Gangreserve.
Profi-Wissen: A/h – die Schlagzahl!

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