Hamilton Intra-Matic Chrono Auto vs. Certina DS-2 Chronograph Automatic

Tachy und Retro

Juli 2025. In dieser «Probezeit» haben wir zwei historisierende Chronographen der Swatch-Group-Schwestern Certina und Hamilton nebeneinandergelegt. Beide Modelle werden heutzutage von (beinahe) gleichwertiger Technik angetrieben und spielen auch preislich in einer Liga.
Certina vs Hamilton
Dieses Mal zeigen wir zwei klassische Chronographen mit Wurzeln in den späten sechziger Jahren, aber mit modernen Automatikwerken.

Auf den ersten Blick wirkt die «Spiegelei»-Gehäuseform des DS-2 Chronograph Automatic von Certina wie ein typisches Merkmal der siebziger Jahre, doch das hauseigene Vorbild mit Dreizeiger-Zeitanzeige stammt wie auch der klassischer anmutende Hamilton Intra-Matic Chrono Auto aus dem Jahr 1968. DS-2 steht dabei für die verbesserte zweite Version der fest im Markenbewusstsein verankerten Certina-Philosophie der «Doppelten Sicherheit», mit doppelter Kronendichtung und einer besonders robusten Werkhalterung mit Gummi-Lagern, die das Uhrwerk vor Stößen schützen soll. Der Zusatz «Intra-Matic» bei der Hamilton bezieht sich auf die gleichnamige Werkefamilie der Uhrenfabrik Büren AG, die 1966 von Hamilton aufgekauft wurde einige Jahre darauf aber innerhalb der SSIH (heute Swatch Group) formal aufgelöst wurde. Im Geburtsjahr der jeweiligen Vorbildmodelle hatten weder Hamilton noch Certina Zugriff auf ein automatisches Chronographenwerk, denn erst ein Jahr später lancierte Zenith das «El Primero» und der Verbund von Heuer, Breitling, Dépraz und Büren brachte das «Kaliber 11» heraus, wodurch die ersten Chronographen mit automatischem Aufzug ermöglicht wurden. Das Kaliber 11, eine Modulkonstruktion, basierte übrigens auf einem Intramatic-Kaliber von Büren. Heutzutage arbeitet in beiden Chronographen die neueste Entwicklungsstufe des ETA-Klassikers 7753 auf Basis der Valjoux-Architektur, aber im Bicompax-Layout und mit Automatikaufzug, 4-Hertz-Taktung, einer verbesserten Gangreserve sowie einer Datumsanzeige über der 6-Uhr-Position: das ETA Kaliber A05.231.

Erster Eindruck

Certina Zifferblatt
Die Feinteilung der «Sekunderie» bei der Certina passt nicht zur Taktfrequenz des verbauten Uhrwerks.

Tobias Schaefer: In den sechziger Jahren wurden noch echte Legenden geboren, da bilden auch die Vorbilder von Certina und Hamilton sowie der geschätzte Kollege Peter Braun keine Ausnahme. Auf den ersten Blick – das heißt beim Zifferblatt – sind sich die Designer bei beiden Uhrenmarken wohl einig, wie ein gutes «ReversePanda»-Zifferblatt mit blauem statt schwarzem Hintergrund auszusehen hat, auch wenn Certina mit roten und gelben Markierungen auf dem Minutenzähler bzw. bei der Minuterie und dem Stoppsekundenzeiger für zusätzliche Farbakzente sorgt. Aufgesetzte Stundenmarker und eine umlaufende Tachymeterskala, bei der Hamilton in Weiß abgesetzt und bei der Certina vom wunderschönen Saphirboxglas leicht verzerrt, ergänzen beide Zifferblätter um die Möglichkeit der Geschwindigkeitsmessung über Distanzen von 1000 Metern. Leuchtmittel auf oder an den Indexbalken und den Zeigern für Stunden und Minuten helfen beiden bei der Ablesbarkeit im Dunkeln. Die Positionierung der Zeiger und die Schriftart der Datumsanzeige – symmetrisch über der «6» – geben bereits einen Hinweis auf die verbaute Technik.

Hamilton
Mit ihrer weiß abgesetzten Tachymeterskala und den großen Totalisatoren wirkt die Hamilton aufgeräumter.

Peter Braun: Keine Frage – die Certina macht mit ihrem außergewöhnlichen «Spiegelei»-Gehäuse auf den ersten Blick mehr her. Doch wenn man sich eine Weile mit den beiden Uhren beschäftigt, wird einem schon klar, weshalb die doch im Grunde identisch ausgestattete, konventionellere Hamilton Intra-Matic ein paar Hunderter mehr kostet. Die Verarbeitung ist makellos, in gestalterischen und haptischen Details wie der Zifferblattbedruckung oder der Drückerform und -funktion ist sie ihrer Schwester überlegen. Das weiche Lederband anstelle des – allerdings sehr gut gemachten – Textilbandes der Certina unterstreicht die klassisch-edle Ausstrahlung der Hamilton. Dass man aber trotz des höheren Preises auf Ausstattungsmerkmale wie einen Glasboden oder eine Faltschließe verzichten muss, ist eigentlich nicht einzusehen.

Tragegefühl, Bedienbarkeit, Ablesbarkeit

TBS: Der etwas größere Durchmesser von 43,35 mm der Certina sorgt am Handgelenk, bedingt durch die «Spiegelei»-Form des Gehäuses, natürlich für etwas mehr Präsenz als die Hamilton mit ihren schmaleren 40 mm. Der Abstand zwischen den Bandhörnern («Lug-to-Lug») – eine Angabe, die sich viele unserer Leser als Indikator für die Tragbarkeit wünschen – beträgt bei der Certina aufgrund der kürzeren Hörner allerdings nur 48 mm, während es bei der Hamilton 49,2 mm sind. An meinem Handgelenk mit rund 17 cm Umfang jedenfalls tragen sich beide Modelle gleichermaßen angenehm.

Über einen Korrekturdrücker auf der linken Gehäuseflanke lässt sich das Datum der Uhren schnellschalten, und während das robuste Gehäuse der Certina einen integrierten Schutz für Drücker und Krone bietet, fällt Letztere bei der Hamilton deutlich größer und damit griffiger aus. Aufgrund der relativ hohen Gangreserve von rund 68 Stunden und des Automatikaufzugs ist eine häufige Bedienung allerdings nicht nötig. Das Vorbild der Intra-Matic von Hamilton war 1968 noch mit einem Handaufzug ausgestattet – der griffigeren Krone ist man wohl auch deswegen treu geblieben.

Certina
Das Kaliber A05.231 von ETA ist bei Certina mit einer Silizium-Spirale ausgestattet – Gangwerte: super!

PB: Die Kombination aus dunkelblauem Hintergrund mit weißen und silbrig-glänzenden Skalen bzw. Stundenmarkern bietet eine ähnlich gute Ablesbarkeit wie die Kombination von Schwarz und Weiß. Bei beiden Uhren sind die Uhrzeit sowie die Chronographenanzeige optisch sehr gut erfassbar, und dank des Verzichts auf einen Stundenzähler ist alles schön übersichtlich arrangiert. Eine kleine Kritik, zugegeben auf hohem Niveau, gibt es bei der Certina dennoch anzubringen: Die Feinteilung der umlaufenden Feinminuterie bzw. in diesem Falle «Sekunderie» entspricht mit ihren fünf Teilstrichen pro Sekunde nicht der Taktfrequenz des verbauten Uhrwerks. Passend für ein Werk mit 28.800 Halbschwingungen bzw. 4 Hertz wäre die Einteilung in vier Teilstriche, denn sonst tickt der Zeiger immer knapp daneben. Bei der Hamilton wurde das beachtet: Dort sind zwischen den etwas längeren Sekundenstrichen nur drei kürzere Teilstriche eingesetzt.

Technik, Ausstattung, Gang

TBS: Die gute alte Valjoux-Architektur dient der ETA auch heute noch als Grundlage für die neueste Entwicklungsstufe der inzwischen exklusiv innerhalb der Swatch Group verbauten Uhrwerke, die auch in den vorliegenden Automatikchronographen arbeiten. So transparent wie der Sichtboden der DS-2 ist auch die Werksangabe von Certina. Verbaut ist das Kaliber A05.231 von ETA, aber mit einem Upgrade in Form einer amagnetischen Silizium-Spirale und in unserem Fall mit 29 Rubinlagersteinen. Bei Hamilton dagegen verdeckt der gravierte Massivboden dasselbe Kaliber, das hier jedoch mit einer Spiralfeder aus Nivachron ausgestattet ist, einer ebenfalls amagnetischen Legierung auf Titanbasis. Bei Hamilton wird das Werk H-31 genannt und in der vorliegenden Ausführung mit 28 Lagersteinen ausgestattet. Auf Nachfrage haben wir erfahren, dass es sich bei der Differenz um einen zusätzlichen Lagerstein bei der Federhausbrücke handelt, der jedoch bei der allerneuesten Ausführung bereits wieder durch ein Edelstahllager ersetzt wurde, das potenziell langlebiger ist. Die Anzahl der Lagersteine lässt aber ohnehin keine Schlussfolgerung über die Qualität eines Uhrwerks zu.

Hamilton
Unter dem Massivboden und der Werksbezeichnung «H-31» versteckt sich auch bei Hamilton das ETA Kaliber A05.231. Hier aber mit Nivachron-Spirale und noch besseren Gangwerten.

PB: Beide Chronographen gingen an meinem Arm tadellos, leicht ins Plus, aber ausgesprochen stabil. Der positive Eindruck bestätigte sich auch auf der Zeitwaage in unserer Werkstatt. Die Silizium-Spirale der Certina schwang sauber und gleichmäßig. Die Uhr zeigte kaum Abweichungen in den verschiedenen Lagen (größte Differenz: 2,5 Sekunden pro Tag) und lief mit 5,1 Sekunden im Tages-Plus noch fast innerhalb der Chronometernorm. Bezeichnenderweise konnte die konventionell ausgerüstete Hamilton mit Nivachron-Spirale alles noch einen Tick besser als ihre Schwester und beeindruckte uns mit einem täglichen Gang von 2,8 Sekunden! Die größte Abweichung zwischen den Lagen betrug dabei nur 3,9 Sekunden. In puncto Abfall – also dem Zeitabstand zwischen dem «Tick» und dem «Tack» – waren beide Uhrwerke allerdings eher mittelmäßig.

Fazit

TBS: Certina und Hamilton bieten zum vergleichbaren Preis zwei spannende Reinterpretationen aus der eigenen Geschichte an. Jeweils ausgestattet mit einem bewährten, aber verbesserten Uhrwerk und klassischen Zifferblättern, stellt sich bei den Chronographen die Frage vor allem nach der persönlichen Präferenz beim Gehäusedesign. Müsste ich wirklich wählen, hat für mich die Certina knapp die Nase vorn, da mir das bis 20 bar wasserdichte Schildkröten-Gehäuse mit seinem Saphirboxglas einfach gut gefällt. Außerdem schaue ich gerne durch Sichtböden – besonders bei Chronographen.

Certina und Hamilton Schließen
Das Band der Certina mit Textilauflage ist mit einer Faltschließe ausgestattet. Ein Zusatz, der auch der Hamilton stehen würde

PB: Speziell unter den nachhallenden Eindrücken von der Watches and Wonders überzeugten mich beide Chronographen aus der Swatch Group mit einem Preis-Leistungs-Verhältnis, das ich nach einer Woche Luxus in Genf schon nicht mehr für möglich gehalten hatte. Für die Certina spricht die temperamentvollere Optik, für die Hamilton die gediegenere Ausführung. Als Kind der sechziger Jahre, wie mein junger Kollege eingangs verraten hat, kann ich zum Glück beides tragen.

Text: Peter Braun, Tobias Schaefer

Bilder: Tobias Schaefer

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