Poinçon de Genève

Prämie für Präzision

November 2021 Es ist wie ein TÜV für Uhren: Zeitmesser werden getestet und im besten Falle für gut befunden. Anstelle einer Plakette gibt es ein Zertifikat – zum Beispiel als Chronometer COSC oder Master Chronometer. Und was hat der Kunde davon?
METAS Master Chronometer
Das Schweizer Institut für Metrologie (METAS) verleiht den Titel «Master Chronometer» und gibt die technischen Anforderungen vor. Geprüft wird beim Hersteller.

Was Käufer tatsächlich von einer Armbanduhr erwarten, hat der Uhren-Monitor herausgefunden. Laut dieser Studie zum deutschen Uhrenmarkt, erstellt von Responsio und Sinus, sehen Käufer im Exklusiv- Segment eine Uhr als «Ausdruck präziser Technik». Interessenten günstigerer Uhren erwarten vor allem eine gute Ablesbarkeit sowie Präzision. Letztere wird von Uhrenmarken gern anhand des Titels «Chronometer» nachgewiesen.

Diese Bezeichnung ist Uhren vorbehalten, die enge Toleranzen bei der Ganggenauigkeit einhalten. Und es ist ein Titel, der geschützt ist: Chronometer darf eine Uhr nur genannt werden, wenn sie eine offizielle Chronometerprüfung bestanden hat.

Diese wird in der Schweiz beim Institut Contrôle Officiel Suisse des Chronomètres, kurz COSC, mit Hauptsitz in La Chaux-de-Fonds durchgeführt; in Deutschland bei der Chronometerprüfstelle in Glashütte. Zudem verleiht das nationale Schweizer Institut für Metrologie (METAS) den Titel «Master Chronometer» – allerdings erst nach dem vorherigen Bestehen der COSC-Prüfung.

Schweizer Chronometerprüfstelle COSC

Am bekanntesten ist nach wie vor das Chronometerzertifikat der COSC. An den COSC-Standorten in Biel, Le Locle und Genf wird nach dem gleichen, exakt festgelegten Ablauf vorgegangen: Getestet werden nicht fertige Uhren, sondern ausschließlich Uhrwerke, die während der Tests in transparenten Kunststoffdosen untergebracht sind. Alle Uhrwerke werden an 15 Tagen in fünf verschiedenen Lagen und bei drei verschiedenen Temperaturen zwischen acht und 38 Grad gelagert und vermessen.

An jedem Prüftag wird die Präzision des Uhrwerks kontrolliert. Dabei darf bei Werken mit mehr als 20 Millimetern Durchmesser eine Abweichung von täglich minus 4 bis plus 6 Sekunden nicht überschritten werden. Außerdem darf der Unterschied zwischen dem mittleren täglichen Gang und den Werten in verschiedenen Lagen nicht mehr als zehn Sekunden betragen.

2020 hat die COSC über 1,64 Millionen Chronometerzertifikate für mechanische Uhren ausgestellt. Auch Quarzuhren wurden zertifiziert: 2020 waren es fast 70.000 Stück. Allerdings machte sich im vergangenen Jahr die Coronakrise bemerkbar: Im Vergleich zu 2019, das ein Rekordjahr in Bezug auf die Zahl der ausgestellten Zertifikate war, gab es einen Rückgang von über 23 Prozent.

Chronometerprüfung in Deutschland

Die Glashütter Sternwarte erstrahlt seit 2006 in neuem Glanz und beherbergt eine Chronometer-Prüfstelle.

Dass in der Schweiz die nackten Uhrwerke vor dem Einschalen ins Gehäuse geprüft werden, wird immer wieder kritisiert. In Deutschland sieht man das wohl ebenso, denn bei der deutschen Chronometerprüfung werden die Uhrwerke erst dann auf ihre Präzision geprüft, wenn sie fix und fertig ins Gehäuse eingeschalt sind.

Die deutsche Chronometerprüfung wird seit 2006 in der Sternwarte in Glashütte durchgeführt. Die Initiative dafür ging von Juwelier Wempe aus. Geprüft wird unter der Aufsicht des Thüringer Landesamtes für Verbraucherschutz in Kooperation mit dem Sächsischen Staatsbetrieb für Mess- und Eichwesen (SME).

Die Prüfung dauert wie auch in der Schweiz 15 Tage: 360 Stunden lang müssen die Uhrwerke bei unterschiedlichen Temperaturen und in fünf verschiedenen Lagen beweisen, dass sich der Sekundenzeiger eine Gangabweichung von höchstens minus vier bis plus sechs Sekunden pro Tag zuschulden kommen lässt.

Diese Prüfung steht allen Uhrenmarken offen – genutzt wird sie überwiegend von deutschen Firmen, darunter Wempe Glashütte, Mühle-Glashütte und Zeppelin. Dabei ist von Kosten im unteren dreistelligen Bereich für den Prüfvorgang die Rede – offizielle Zahlen gibt es hier nicht.

Metas: Chronometer mit Extra

Seit 2015 bietet das Schweizer Institut für Metrologie (METAS) eine Zertifizierung an – zusätzlich u einer bestehenden COSC-Zertifizierung. Durchgeführt wird sie an fertigen Uhren.

Während der Prüfung werden die Zeitmesser starken Magnetfeldern ausgesetzt und müssen zudem unter verschiedenen Temperaturen, Positionen und Laufreserven Präzision beweisen; außerdem wird die angegebene Wasserdichtigkeit überprüft. Sind alle Tests bestanden, darf eine Uhr die Bezeichnung «Master Chronometer» tragen – allerdings ist auch dies Uhren aus Schweizer Produktion vorbehalten.

Bislang verband man diesen Titel vor allem mit Omega. Nun hat Tudor die erste Uhr vorgestellt, die ebenfalls als Master Chronometer zertifiziert ist. Damit hat jetzt auch Tudor ein Prüflabor nach METAS-Vorgaben. Denn die Prüfung erfolgt durch den Hersteller selbst gemäß den festgelegten technischen Anforderungen. METAS überwacht lediglich das Prüfverfahren des Herstellers anhand von Stichproben sowie durch Nachprüfungen.

Genfer Qualitätsversprechen

Genfer Siegel
Beim Genfer Siegel geht es nicht nur um Genauigkeit, sondern auch um Herstellungsort und Konstruktion.

Ebenfalls um Genauigkeit geht es beim Genfer Siegel, dem «Poinçon de Genève» – allerdings nicht in erster Linie. Die Punze wurde bereits Ende des 19. Jahrhunderts durch ein Gesetz der Republik Genf eingeführt. Damit sollte der Genfer Ursprungs- und Qualitätsbegriff geschützt werden.

Im Laufe der Zeit wurden die Vorschriften nach und nach leicht modernisiert. Eine wesentliche Änderung erfolgte 2011 durch das Prüfinstitut Timelab – Foundation of the Geneva Laboratory of Horology and Microengineering, das seit 2009 für die Vergabe der Genfer Punze zuständig ist. Timelab führte einen neuen Kriterienkatalog ein, bei dem nicht mehr nur das Werk, sondern die gesamte Uhr beurteilt wird.

Neben vorgeschriebenen Konstruktionsprinzipien, Bearbeitungen und Dekorationen wurden weitere Kriterien eingeführt: Auch die Funktionen, Wasserdichtheit, Gangreserve und Ganggenauigkeit werden nun überprüft. Damit deckt das Siegel alle ästhetischen, technischen und funktionalen Merkmale einer Uhr ab.

Rolex: Titel mit Superlativ

Rolex Chronometer der Superlative
Rolex hat 2015 den Titel «Chronometer der Superlative» neu definiert. Nach bestandener COSC-Zertifizierung durchlaufen die Uhren Tests in den Rolex-Labors.

Rolex verwendet einen eigenen Titel: Die Genfer Marke hat 2015 ihren Begriff «Chronometer der Superlative» neu definiert und Tests entwickelt, die Uhren nach dem bestandenen COSC-Test durchlaufen müssen. Die Prüfungen werden in eigenen Labors nach eigenen Kriterien durchgeführt und sind laut Rolex strenger als die Normen der Uhrenindustrie. So ist auch dieses Zertifikat für den Kunden ein Wegweiser hin zu noch mehr Präzision.

Text: Iris Wimmer-Olbort

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