Junghans 1972 Competition

Sportliche Schramberger

November 2022. Junghans packt mit einem neuen Chronographen den Bullen an den Hörnern und erinnert mit seiner Sonderausstellung in Schramberg an sein sportliches Erbe und die Olympischen Spiele in München vor genau 50 Jahren.
Junghans 1972 Competition

Keine Frage, diese Uhr polarisiert. Nachdem Junghans den Chronograph 1972 im Sommer dieses Jahres vorgestellt und auch in den sozialen Netzwerken beworben hat, kannten die Kommentatoren kein Halten mehr. Die Reaktionen reichten von «super, dass Junghans sich so etwas traut» über «furchtbar» bis «wenn schon, dann suche ich mir das Original». Mitinhaber und Co-Geschäftsführer Hannes Steim hat damit auf jeden Fall ein Ziel erreicht. «Wir werden in der öffentlichen Meinung oft auf die Max Bill reduziert. Diese Linie ist für uns zweifellos wichtig, aber Junghans hat noch viel mehr Facetten. Das wollen wir unter anderem mit der 1972 Competition zeigen», erklärte Steim bei unserem Besuch in Schramberg.

Die Vorlage der Neuheit war das Modell Olympic, das Junghans anlässlich seines Engagements als offizieller Zeitmesser bei den Olympischen Spielen 1972 in München präsentierte. In einer Zeitungsanzeige bewarben die Schramberger ihre Neuheit mit den Worten: «Für Männer, die keine Zeit zu verlieren haben. 17 Steine. Datumsanzeige. Stoß-, schlag- und wasserdichtes Stahlpanzergehäuse.» Auf dem Preisschild standen damals 385 DM.

Junghans 1972 Competition
Das leicht gerundete Bodenelement ist Teil dieser Bandbefestigung und sorgt gemeinsam mit dem weichen Kalbslederband und der Faltschließe für einen angenehmen Sitz am Handgelenk.

Wertvoller denn je

Die aktuelle Neuauflage ist dann doch ein bisschen teurer: Das für Sammler gedachte und auf 50 Exemplare limitierte Weißgoldmodell ist für 16.972 Euro wohlfeil, die Variante im Edelstahlgehäuse, von der genau 1972 Exemplare gebaut werden, kostet 2390 Euro. Gleich geblieben sind die Gehäuseform und der Bullhead-Look.

Bullhead nennen Uhrenfans Chronographen, bei denen die Drücker nicht seitlich, sondern oben angebracht sind und die wie Hörner eines Stiers aus dem Gehäuse ragen. Auf die Bezeichnung Bullhead hat Omega den rechtlichen Daumen drauf, doch diese Gehäuseform darf jeder verwenden. Konstruktiv ist dies kein Hexenwerk. Dazu wird einfach das Uhrwerk im Gehäuse um 45 Grad nach links gedreht, dann sitzt die Kombination aus Krone und Drücker oben am Bandanstoß. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Zifferblattdarstellung.

Dreht man das bei der Stahlvariante eingesetzte Kaliber J880.5 (Basis Sellita SW510), erscheint die Skala für die Stoppminuten an der 12-Uhr-Position, die Kleine Sekunde direkt darunter. In der Weißgolduhr tickt das Kaliber J.880.1 (Basis Sellita SW500). Folgerichtig sind hier die Totalisatoren waagerecht angeordnet. Die Totalisatoren sowie die Tachymeterskala auf dem Réhaut sind jeweils orange lackiert. Das auch im Profil gerundete Gehäuse ist – ebenfalls eine Reminiszenz an die Siebziger – leicht pultförmig konstruiert, die Zifferblattebene liegt also nicht parallel zum Gehäuseboden, sondern neigt sich dem Träger zu. Das ist zwar schön ablesbar, aber tendenziell eine kipplige Konstruktion, zumal die Uhr 125 Gramm wiegt und an der breitesten Stelle 45 Millimeter misst.

Dem wirkt Junghans entgegen, indem das Pult durch eine leicht gewölbte Unterkonstruktion getragen wird, aus deren Fluchten dann die beiden Bandhälften herausragen. So schmiegt sich die Einheit angenehm ans Handgelenk. Eine Faltschließe sorgt für sicheren Sitz. Wir waren vom Tragekomfort jedenfalls sehr angetan. Auch bei der Verarbeitung und Ausstattung der Uhr lassen sich die Schramberger nichts nachsagen. Deshalb halten wir speziell den Preis für die Stahluhr für absolut angemessen, auch wenn einige Netz-Kommentatoren hier anderer Meinung waren.

Junghans Sportzeitmessung Sonderausstellung
Junghans-Co-Geschäftsführer Hannes Steim (linkes Bild) will mit der Ausstellung den engen Kontakt seines Unternehmens zum Sport und zur Sportzeitmessung unterstreichen – unter anderem durch die Präsentation des historischen Zeitmess-Equipments (rechtes Bild).

Sonderausstellung Sportzeitmessung

Junghans und Sport, diese Kombination hat eine lange Tradition. Sie begann schon in den 1920er Jahren mit der ersten verkauften Handstoppuhr. In den Fünfzigern folgte die sogenannte Dreikreis-Stoppuhr. Sie zeigte zwecks unmissverständlicher Ablesung Minuten, Sekunden und Zehntelsekunden auf eigenen, sich nicht überlappenden Skalen an – von 1965 an maß sie sogar aufs Hundertstel genau. Deshalb wundert es auch ein wenig, dass die Sonderausstellung, die derzeit im hauseigenen Uhrenmuseum gezeigt wird, nur auf «50 Jahre Sportzeitmessung» anspielt.

Untergebracht ist die Sonderausstellung in zwei Räumen im dritten Stock des denkmalgeschützten Terrassenbaus. Zu sehen sind – und da wird der Ausstellungstitel verständlicher – vor allem Geräte und Instrumente, mit denen Junghans bei den Olympischen Spielen in München als offizieller Zeitmesser bei den Leichtathletik-Wettbewerben, dem Rudern und Reiten sowie den Segelregatten in der Kieler Förde aktiv war. Dazu gesellen sich Archivalien wie der Dankesbrief des Organisationskomitees, Armbanduhren aus dieser Epoche, aber auch Leihgaben einstiger Junghans-Mitarbeiter, von denen rund 70 bei Olympia für die korrekte Zeitnahme sorgten – an ihrer Spitze der ehemalige Olympia-Sieger und Sprinter Martin Lauer.

Die Schramberger entwickelten für ihren Einsatz in München Geräte, welche die Zeitmessung besser und die Wertungen gerechter machen sollten. Dazu gehörte eine integrierte Zeitmessanlage mit Startblöcken, die mit eigenem akustischem Startsignal und Sensoren für Fehlstarts ausgerüstet waren. Im Ziel standen eine Doppellichtschranke, die mit Digitalstoppuhren gekoppelt war, und eine Zielbildkamera mit Farbdrucker. So konnten auch enge Entscheidungen eindeutig beurteilt werden. Lackiert waren die Geräte in leuchtendem Orange, während Logos und Bedienteile schwarz-weiß ausgeführt waren. Junghans nutzt das Olympia-Jubiläum auch dazu, an sein Engagement im Motorsport zu erinnern – worauf auch der Mercedes-Rennwagen im Museumseingang hinweist. Bis in die 1980er Jahre übernahm Junghans die offizielle Zeitnahme bei zahlreichen Motorsport-Wettbewerben – darunter auch einige Formel-1-Rennen – in Europa. «Das wollen wir nicht in Vergessenheit geraten lassen, auch wenn ein Formel-1-Engagement für uns heute finanziell nicht mehr leistbar wäre», betont Hannes Steim. Deshalb engagieren sich die Schramberger nun eher im historischen Motorsport und verstärkt im Bereich des nordischen Skisports.

Text und Bilder: Martin Häußermann


Mehr zu Junghans


Schramberger Spezialitäten
Die Meister-Serie von Junghans
Teilen
Bildergalerie
Ähnliche Artikel
Artikel teilen

Bitte wählen Sie eine Plattform, auf der Sie den Artikel teilen möchten:

Beitrag melden

Fehler: Kontaktformular wurde nicht gefunden.

xxx
Newsletter-Anmeldung

* Pflichtfeld

** Ja, ich möchte regelmäßig den Newsletter von armbanduhren-online.de, zum Thema Armbanduhren der Heel Verlag GmbH per E-Mail erhalten. Diese Einwilligung kann ich jederzeit per Mail an armbanduhren@heel-verlag.de oder am Ende jeder E-Mail widerrufen.Durch die Bestätigung des «Eintragen»-Buttons stimme ich zusätzlich der Analyse durch individuelle Messung, Speicherung und Auswertung von Öffnungsraten und der Klickraten zur Optimierung und Gestaltung zukünftiger Newsletter zu. Hierfür wird das Nutzungsverhalten in pseudonymisierter Form ausgewertet. Ein direkter Bezug zu meiner Person wird dabei ausgeschlossen. Meine Einwilligungen kann ich jederzeit mit Wirkung für die Zukunft wie folgt widerrufen: Abmeldelink im Newsletter; Mail an armbanduhren@heel-verlag.de. Weitere Informationen erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.