IWC Ingenieur Automatic 40

Dipl.-Ing.

März 2023. Ziemlich genau fünfzig Jahre, nachdem Designer Gérald Genta der IWC Schaffhausen mit einer robusten und dennoch eleganten Stahl-Sportuhr den Weg aus der Krise aufgezeigt hat, kehrt Christian Knoop zurück zu den Wurzeln der Modellreihe SL.
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Es gibt eine Armbanduhr, die wie keine Zweite sämtliche Tugenden der Ingenieurskunst auf sich vereinigt. Die IWC Ingenieur spielt technisch wie stilistisch in der ersten Liga der Uhrmacherei.

«Es kommt nicht alle Tage vor, dass man die Möglichkeit, ja sogar den Auftrag erhält, Hand an eine Ikone wie die Ingenieur SL zu legen», beschreibt Christian Knoop, der oberste IWC-Formgeber, den Erwartungsdruck, der auf ihm lastete. «Gérald Genta hat, rückblickend betrachtet, den siebziger Jahren seinen Stempel aufgedrückt. Da blieb nicht viel Spielraum.»

Ein großer Wurf

Die Ingenieur SL kam 1976 auf den Markt, und mit ihren 40 mm Durchmesser war sie für den damaligen Uhrengeschmack ziemlich groß geraten, was der Referenz 1832 den Spitznamen «Jumbo» eintrug. Die auch in der Höhe respektablen Dimensionen waren dem robusten IWC Automatikkaliber 8541 mit Pellaton-Aufzug geschuldet, das überdies noch von einem extradicken Zifferblatt und einer Weicheisenkalotte gegen Magnetfeldeinwirkungen geschützt wurde. Schließlich war das Modell Ingenieur schon seit seiner Einführung im Jahr 1955 ein Angebot der IWC an die technischen Berufsstände, die in ihrem Arbeitsalltag mit elektromagnetischer Strahlung in Kontakt kamen. Und diese Strahlung konnte verheerende Auswirkungen auf die Ganggenauigkeit eines mechanischen Uhrwerks haben.

Originalskizze der Ingenieur von Gerald Genta 1973
Originalskizze der Ingenieur von Gerald Genta 1973

Der Schweizer Designer Gérald Genta sollte für die zweite Generation der Ingenieur nicht nur ein gefälliges modernes Äußeres entwerfen, sondern unbedingt auch diese technischen Vorgaben berücksichtigen. Genta, der zuvor schon mit der Royal Oak von Audemars Piguet ein ikonisches Design geschaffen hatte und nach der Ingenieur auch noch die Nautilus für Patek Philippe entwarf, nahm die Herausforderung gern an. Ihm gefiel der nüchterne «deutsche» Ansatz der Konstrukteure in Schaffhausen, der bereits im Modellnamen Ingenieur zum Ausdruck kommt.

Erfolg auf der Langstrecke

Die von Sammlern heute so begehrte Referenz 1832 wurde bei ihrer Präsentation vor fast fünfzig Jahren eher argwöhnisch betrachtet und geriet mit nur wenig mehr als tausend produzierten Exemplaren in sechs Jahren nicht zu einem kommerziellen Erfolg. Dieser stellte sich erst im Laufe der folgenden Jahrzehnte ein, denn die Ingenieur blieb ein fester Bestandteil der IWC-Kollektion, dekliniert in zahlreichen Modellen und Varianten.

Für die neue Generation der Ingenieur kam für IWC-Designchef Christian Knoop jedoch nur die «Jumbo» von 1976 infrage. Der von Gérald Genta maßgeblich geprägte Sportuhrenstil der siebziger Jahre ist heute angesagt wie nie. Hinzu kommt die ausgeprägte Lieferschwäche der eingangs erwähnten Mitbewerber, und so ist die Entscheidung, die Designikone der IWC neu aufzulegen, ebenso naheliegend wie erfolgversprechend.

Weil sich die Referenz 1832 bereits von ihrer Dimensionierung recht nahe an heutigen Tragegewohnheiten bewegte, beschränkte sich Knoop auf etwas Feinarbeit an den Proportionen und Oberflächen von Gehäuse und Lünette. Aufgrund der reduzierten Abmessungen des heute verwendeten IWC Automatikkalibers 32111 mit 72 (!) Stunden Gangreserve baut die neue Ingenieur Automatic 40 etwas flacher (10,8 mm).

Auch wurden beim Magnetfeldschutz Zugeständnisse gemacht, sodass die Wandungsstärke der Weicheisenkalotte sowie die Stärke des Zifferblatts zurückgenommen werden konnten. Die neue Ingenieur ist magnetfeldresistent bis 40.000 A/m (statt wie früher 80.000 A/m).

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Symmetrisch bis in die Lünette

Der augenfälligste Unterschied der Gehäusekonstruktion betrifft die Fixierung der Lünette. Bei der «Jumbo» von 1976 trug diese fünf Vertiefungen für einen Hakenschlüssel und wurde mit einem großen Umfangsgewinde auf den Gehäusekorpus aufgesetzt. Mit dem Resultat, dass die fünf Vertiefungen bei jeder Uhr woanders standen, je nachdem, wie fest die Schraubverbindung angezogen wurde.

Bei der neuen Ingenieur Automatic 40 sitzen fünf Sechskant-Schraubenköpfe achsensymmetrisch «gerade» auf der Lünette, denn sie wird von hinten durchs Gehäuse festgeschraubt.

Die Bandanstöße am Gehäuse wurden ebenfalls überarbeitet. Das neue Gliederband schließt mit einem Mittelglied direkt am Korpus an, was einen steileren Bandfall als die Urversion ermöglicht und damit auch einen höheren Tragekomfort an schmalen Handgelenken bietet. Dass die neue Ingenieur nun auch Kronenschutzflanken aufweist, erschließt sich dem Betrachter nur im direkten Vergleich mit der «Jumbo», deren Krone völlig frei stand.

Die drei verfügbaren Zifferblätter in Opalinsilber, Schwarz und einem «Aqua» genannten Blaugrün sind galvanisch beschichtet und tragen ein markantes Prägemuster aus kleinen und großen Quadraten sowie waagerechten Stäben. Auch dies ist sicherlich ein Zugeständnis an den aktuellen Zeitgeschmack bzw. eine Anlehnung an den Erfolg der Mitbewerber, die beide mit markant strukturierten Zifferblättern punkten.

Die Datumsscheibe im Fenster bei der «3» ist in Zifferblattfarbe lackiert und trägt stets zweistellige Ziffern mit zum Teil vorangestellter Null. Die Nachtablesbarkeit ist ausgezeichnet, da die Zeiger und Stundenmarker mit Leuchtmasse belegt sind.

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Sorgfältig austarierter Preis

10.200 Euro soll die neue IWC Ingenieur Automatic 40 kosten, die es – vorerst zumindest – nur in Edelstahl und mit dem bestechend gut gemachten Gliederband mit Doppelfaltschließe gibt. Damit nutzt sie den Argumentationsspielraum des «Manufakturkalibers» – bei dem es sich in Wirklichkeit um eine nur in Teilen in Schaffhausen produzierte Konstruktion der Konzernschwester Valfleurier handelt – aus, ohne wie die beiden eingangs erwähnten Gérald-Genta-Entwürfe der Konkurrenz komplett die Bodenhaftung zu verlieren.

Gleichwohl distanziert sich die neue Ingenieur von den vielen anderen «integrierten» Stahl-Sportuhren im Siebziger-Jahre-Look und fügt sich harmonisch in das IWC-Preisgefüge ein.

Nach Aussage von IWC-CEO Chris Grainger-Herr muss die Ingenieur im Tagesgeschäft nicht mit den Kollektionen Portofino, Portugieser und Pilotʼs Watch konkurrieren, sondern darf es sich in der Nische der standesbewussten Akademiker und Techniker bequem machen.

Text: Peter Braun


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