Gerald Charles MasterlinkNew Heritage
Barocke Kurven, klare Kanten und moderne Materialien kennzeichnen die Uhren der Linie Masterlink, dem letzten Vermächtnis des großen Designers Gérald Genta.
Uhrensammler sprechen die Modellbezeichnung mit Ehrfurcht aus, nicht selten in einem Atemzug mit Royal Oak und Nautilus. Und wer den unbeschreiblichen Popularitätsschub der beiden Luxussportuhren in den letzten Monaten mitverfolgt hat, den hat die Ankündigung einer Neuauflage der 222 zum 45. Jubiläum nicht wirklich überrascht.
Die 222 wurde Mitte der Siebziger Jahre nicht von Gérald Genta entworfen, wie bisweilen fälschlich behauptet wird, sondern ist ein Frühwerk des deutschen Designers Jörg Hysek, der seinerzeit gerade einmal 24 Jahre jung war. In der Tat hat die 222 außer der integrierten Konstruktion von Gehäusemittelteil und Gliederband nichts mit den eingangs erwähnten Modellen von Audemars Piguet und Patek Philippe gemeinsam. Die aufgesetzte runde Lünette mit ihren 24 Einkerbungen prägt das Gesicht der Uhr mindestens ebenso sehr wie die schlichte Zifferblattgestaltung mit kantigen Doppelstab-Stundenmarkern und -Zeigern.
Das Malteserkreuz-Logo in der rechten unteren Ecke des Gehäusemittelteils ist ein besonders gelungenes Highlight. «Ich wollte einen sowohl eleganten als auch sportlichen Zeitmesser entwerfen und zugleich eine gute Balance zwischen diesen beiden Elementen finden, um der klassischen und verfeinerten Ästhetik von Vacheron Constantin gerecht zu werden», erinnert sich Jörg Hysek an seinen ersten großen Entwurf für die Uhrenbranche, die ihm noch viele weitere große Entwürfe verdankt.
Dass die Neuauflage der 222 heute so großes Aufsehen erregt, hängt damit zusammen, dass das Modell über die Jahrzehnte nicht unverändert in der Kollektion blieb, sondern kontinuierlich weiterentwickelt wurde – erst zur Phidias, dann zur Overseas. So leistet sich die neue 222 eine stilistische Detailtreue zum Original, die der aktuellen Nautilus und der Royal Oak abgeht.
«In der 222 wird der Geist der 1970er Jahre lebendig, einer Zeit, als das Design authentischer, persönlicher oder auch wilder wurde und einen eigenen Charakter sowie organische Formen entwickelte», sagt Style-and-Heritage-Direktor Christian Selmoni. Bei der Vorlage für das Jubiläumsmodell in der Kollektion Les Historiques entschied er sich für die Referenz 44018 aus 18 Karat Gelbgold mit 37 mm Durchmesser ausgewählt.
Dank ihres dünnen Automatik-Uhrwerks vom Kaliber 2121 baute die seinerzeit noch «Jumbo» genannte 222 extrem flach: Nur 7 mm war die Referenz 44018 hoch, die späteren Ausführungen mit 34 und 24 mm Durchmesser mit Quarzwerk waren gar noch dünner. Es gab die 222 in Edelstahl, Gelbgold oder zweifarbig, poliert oder mit Edelsteinen besetzt bis zu ihrer Absetzung im Jahr 1985 im Zuge des Besitzerwechsels bei Vacheron Constantin und der Neuordnung der Kollektion.
Uhren aus der Historiques-Kollektion sind keine identischen Nachbildungen von Originaluhren, sondern Neuinterpretationen, die zur Optimierung von Zuverlässigkeit und Tragekomfort mit den letzten technischen Errungenschaften ausgestattet sind. So verfügt die Neuauflage der 222 über ein aktuelles Manufakturwerk vom Kaliber 2455/2 mit einer Unruhfrequenz von 28.800 A/h und zeitgemäßen Gangwerten nahe an der Chronometernorm.
Die Schwungmasse des Automatikwerks wurde speziell für dieses Modell entwickelt und ist mit einem «222»-Logo graviert. Der einst geschlossene Gehäuseboden ist nun verglast und gibt den Blick auf das Kaliber frei. Das Datumsfenster sitzt wegen des geringeren Werkdurchmessers etwas näher bei der Zeigerachse als beim Ur-Modell. Allerdings ist die neue 222 auch knapp einen Millimeter höher als vor 45 Jahren.
Bemerkenswert ist im Vergleich zum Original auch die feinporigere, dichtere Oberfläche von Gehäuse und Gliederband, die einen ungleich brillanteren Goldglanz als früher ermöglicht. Zusammen mit der verbesserten Ausführung der Gliederbandkonstruktion erweist sich die neue 222 als wahrer Handschmeichler mit überragendem Tragekomfort.
61.000 Euro kostet die «Les Historiques 222». Eine Limitierung ist nicht angestrebt, ergibt sich jedoch aus den begrenzten Produktionsmöglichkeiten. Trotz des zu erwartenden Erfolgs dieses Neo-Klassikers möchte Vacheron Constantin hier keine zusätzlichen Kapazitäten schaffen, sondern das ausgewogene Portfolio beibehalten. Inklusive der 222 und möglicher Varianten in Edelstahl.
Text: Peter Braun
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