Lang & Heyne AntonManufaktur Edition
Nur fünf Exemplare des neuen Modells Anton mit Fliegendem Tourbillon werden produziert. Die Rechteckuhr ist längst zum Markenzeichen für Lang & Heyne geworden.
Uhren sind Luxusprodukte, die offensichtlich eigenen Gesetzen unterliegen – besonders bei der Preisbildung. Um die Preisentwicklung ein wenig zu veranschaulichen, haben wir mal in alten ARMBANDUHREN Katalogen geblättert und nach zeitlosen Uhren wichtiger Manufakturen gesucht, die auch heute noch angeboten werden.
Zum Beispiel wäre da die Lange 1 zu nennen, mit der die Wiedergeburt der Marke A. Lange und Söhne eingeleitet wurde. Im Katalog aus dem Jahr 2007 ist sie in Gelbgold mit 19.600 Euro notiert, im Katalog 2017 stehen 31.700 Euro. Eine Rolex GMT-Master II in Stahl/Gold kostete vor zehn Jahren noch 6810 Euro, in unserem aktuellen Katalog steht sie für 11.850 Euro.
Wir wollen diese beiden Marken jetzt nicht an den Pranger stellen, denn man könnte auch weniger populäre Modelle anderer Hersteller nehmen und käme auf ein ähnliches Ergebnis. Zur Ehrenrettung der genannten Marken muss man auch sagen, dass deren Modelle in den vergangenen Jahren durch neu entwickelte Nachfolger ersetzt wurden. Die Gründe für die sich nach oben drehende Preisspirale können und wollen wir an dieser Stelle nicht erörtern, doch eine Erkenntnis bleibt: Viele Uhren haben sich von ihren Käufern entfernt, denn Löhne und Gehälter sind in den letzten zehn Jahren nun einmal nicht um 50 Prozent und mehr gestiegen.
Müssen Menschen, deren Portemonnaie nicht prall gefüllt ist, also künftig auf Uhren mit Manufakturwerk verzichten? Keineswegs. Sogar eher im Gegenteil, denn die Zahl der Marken, die ihre Uhrwerke selbst entwickeln und herstellen, ist in den letzten fünf bis sechs Jahren stark gestiegen.
Eine Ursache liegt in der Politik des Swatch-Group-Werkeherstellers ETA begründet, der seine Großserienuhrwerke erst verteuerte und dann auch noch verknappte. Das brachte so manchen vorsichtigen Unternehmer dazu, sich buchstäblich ans Werk zu machen – weshalb man als Uhrenfreund der Swatch Group auch ein bisschen dankbar sein darf, motivierte ihre Politik doch viele Marktteilnehmer, für mehr Werkevielfalt zu sorgen.
Ein Beispiel ist Karl-Friedrich Scheufele, Co-Präsident von Chopard, der im Familienunternehmen das Uhrengeschäft verantwortet und organisiert. Dieser begann schon lange vor der ETA-Verknappung damit, eigene Uhrwerke – auch sehr komplizierte – konstruieren und bauen zu lassen, allerdings nur für seine Topmarke L.U.C. Diese waren für seine Sportuhren wie die Mille-Miglia-Linie schlicht zu teuer, außerdem war die Manufaktur nicht auf große Stückzahlen ausgelegt. Deshalb zog er in aller Konsequenz der Manufaktur gegenüber eine eigene Rohwerkefabrik hoch. Sie heißt Fleurier Ébauches und stellt heute Automatikwerke für Dreizeigeruhren und Chronographen in Großserie her, die einen Bruchteil von L.U.C-Uhren kosten.
Dass ein gut funktionierendes, über Jahre in Familienbesitz befindliches Familienunternehmen eine solche Investition stemmen kann, lässt sich nachvollziehen.
Regelrecht erstaunlich ist jedoch, welche Entwicklung die konzernunabhängige deutsche Uhrenmarke Nomos Glashütte genommen hat. Dort werden heute insgesamt zehn eigene Werke hergestellt, darunter das brandneue ultraflache Automatikwerk DUW 3001. Dazu hat Nomos vor zwei Jahren seine eigene Hemmung, das so bezeichnete «Swing-System», vorgestellt. Die Baugruppe mit eigener Unruh, Anker und Ankerrad wird schon heute in die Mehrzahl aller Nomos-Werke eingebaut, angestrebt ist aber ein Ausrüstungsgrad von 100 Prozent. Dabei ist das Nomos-Einsteigermodell Club Campus schon für 1000 Euro zu haben, eine Uhr mit dem neuen Automatikkaliber kostet das Zweieinhalbfache.
Für eine maßvolle Preispolitik ist daneben die Genfer Manufaktur Frédérique Constant bekannt, zu der auch die sportliche Marke Alpina gehört. Die von den Niederländern Peter und Aletta Stas 1988 gegründete Manufaktur hat sich schon vor der ETA-Diskussion um die Entwicklung und den Bau eigener Uhrwerke gekümmert – mit der klaren Intention, das Image der eigenen Marke zu heben.
Seit 2004 sind insgesamt 21 verschiedene Versionen eigener Automatikwerke entstanden. Dabei sind die Uhren trotz guter Ausstattung mit aufwendigen Zifferblättern, edlen Bändern und Schließen messerscharf kalkuliert. So kostet der brandneue Flyback-Chronograph knapp unter 4000 Euro. Zwar besteht das Gehäuse nicht aus massivem Gold, sondern aus vergoldetem Edelstahl, dennoch ist dieser Preis sehr heiß, denn dafür gibt es bei vielen Manufakturen noch nicht einmal eine Dreizeigeruhr.
Kein Wunder also, dass Citizen sofort zugegriffen hat, als das Ehepaar Stas sein Unternehmen vergangenes Jahr zum Kauf anbot. Zwar ist Citizen durchaus selbst in der Lage, Uhrwerke zu bauen, doch sind ihre einfachen, wenngleich zuverlässigen Miyota-Kaliber eher für günstigere Uhren gedacht.
Wo wir gerade in Japan sind: Wenn wir über Manufakturuhren mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis sprechen, dürfen wir Seiko keinesfalls vergessen. Schließlich gehört die traditionsreiche japanische Marke zu den weltweit vielseitigsten Uhrenherstellern.
Hier beherrscht man von der einfachen Quarzuhr über die solarbetriebene Funkuhr bis hin zur komplizierten mechanischen Uhr sämtliche Spielarten tragbarer Zeitmessung. Dabei sind die Japaner in der Lage, alle Komponenten einer mechanischen Uhr selbst zu fertigen.
Diese hohe Integration ermöglicht es Seiko, mechanische Uhren zu Preisen zu fertigen, die in Europa nur schwer realisierbar sind. Eindrucksvoll zeigten die Japaner dies bei der Lancierung der Linie Presage auf der BASELWORLD 2016, als sie eine Automatikuhr mit Gangreserveanzeige für weniger als 900 Euro vorstellten, dazu einen neu konstruierten Chronographen für 2800 Euro. Damit ließen sie so manchen europäischen Uhrenmanager ratlos zurück.
Die Größe des Unternehmens ermöglicht auch einen großen und in viele Richtungen arbeitenden Bereich Forschung und Entwicklung. Dort entstehen einzigartige Entwicklungen wie die Spring-Drive-Hybriduhren, deren Handaufzugswerke von einem elektronischen Gangregler gesteuert werden. Spring Drive ist der Nobellinie Grand Seiko vorbehalten und beginnt bei einem Einstiegspreis knapp über 4000 Euro.
Aber auch die Freunde Schweizer Uhren mit großem Namen müssen nicht darben. Die eingangs beschriebene Politik des Uhrwerke-Riesen ist ein Grund, weshalb sich viele Hersteller außerhalb der Swatch Group Wissen in Konstruktion und Bau von Uhrwerken angeeignet haben.
Nicht nur das Streben nach größerer Unabhängigkeit, sondern auch die Verbesserung des Markenimages spornte viele Schweizer zu Eigenentwicklungen an. So mauserten sich Traditionsmarken wie Cartier, Panerai oder Bulgari zu jungen Manufakturen, die auch Produkte im mittleren vierstelligen Euro-Preisbereich anbieten.
Nicht zu vergessen die Marke Tudor, die sich mit der Entwicklung des eigenen Automatikwerks von der großen Schwester Rolex emanzipierte und inzwischen sogar ein Tauschprogramm mit Breitling gestartet hat: Tudor liefert das Dreizeigerwerk MT5601 an Breitling und erhält dafür im Gegenzug deren Automatik-Chronographenkaliber B01. Ein spannendes Projekt, das Schule machen könnte – und die Vielfalt am Uhrenmarkt weiter erhöht.