Junghans FORMGut in Form
Ein Hirschkopf mit Geweih ziert die neuen Form-Modelle von Junghans – eine Hommage an den traditionellen Firmenstandort im Schwarzwald und seine Uhren.
Rainer Brand hat seinen Namen zu einer Uhrenmarke gemacht, die besonders bei Uhrenfreunden mit Qualitätsbewusstsein und Hang zu ausgewogenem Design beliebt ist. Als Markenzeichen wählten Rainer und seine Frau Petra Anja Brand, passend zum heimatlichen Spessart, die Eule. Mit diesem Vogel verbinden sie Weisheit, Entschleunigung und Nachhaltigkeit.
Entschleunigung bedeutet für die Brands nicht, die Hände in den Schoß zu legen. Und Nachhaltigkeit nicht nur die Bewahrung der heimatlichen Natur, sondern auch ihrer kleinen feinen Uhrenmarke. Doch zur Bewahrung bedarf es mitunter der Veränderung, wie Rainer Brand feststellt: «Als ich mit der Uhrmacherei anfing, waren die klassischen Breguet- und Vacheron-Constantin-Uhren unsere Designikonen. Aber man kann ja nicht ewig in der Vergangenheit leben.» Das gelte eigentlich sogar für die gesamte Branche: «Derzeit sind gefühlt 95 Prozent aller Neuerscheinungen Retro-Uhren. Das halte ich für eine Sackgasse.»
Die Erkenntnis der Sackgasse namens Retro-Design und die Herausforderung einer sich verändernden Kundenstruktur führen Rainer Brand zu dem Schluss: «Wir müssen uns komplett neu erfinden.» Dies sei aber völlig normal und natürlich: «Wir haben uns ja selbst auch verändert.» Als ersten Schritt in eine neue Ära sieht Rainer Brand den Chronographen Kerala Flyback. Ganz offensichtlich wurde die neue Designlinie dann 2016 mit der «Panama Take Five» ergänzt, die auch prompt mit dem «red dot Design Award Best of the Best» prämiert wurde, ein Jahr später folgte die Panama Sport, die derselben Designlinie folgte.
Bei der Take Five kam ein Fünf-Tage-Werk von Technotime (Kaliber TT 738 Premium, 120 Std. Gangreserve) zum Einsatz, für die Panama Sport wählte der Uhrmachermeister ein Automatikwerk von Eterna (Kaliber MVT 3909). «Wir haben im Laufe der Zeit viele exotische Uhrwerke verarbeitet», stellt der Firmengründer fest. Dazu gehört beispielsweise das Kaliber Lemania 1352, das er im Chronographen Carcassonne verbaute. Eigentlich war dies ein für Breguet und Ebel reserviertes Kaliber, doch Rainer Brand engagierte sich und konnte die Verantwortlichen bei der Swatch Group überzeugen, ihn ebenfalls zu beliefern.
So viel Glück hatte er mit Technotime und Eterna nicht. Nachdem Technotime 2016 in die Insolvenz gegangen war, stoppte auch schlagartig die Belieferung mit neuen Uhrwerken. Nach rund 300 gebauten Take Five war Schluss mit einer Uhr, die am Markt großes Potenzial hatte. Das bedauerte der Uhrenbauer natürlich, andererseits merkt er an: «Die Zusammenarbeit mit Technotime war bis zur Insolvenz sehr gut, und durch die Übernahme ist auf jeden Fall die Ersatzteilversorgung gesichert.» Obwohl – oder weil – Rainer Brand die Zusammenarbeit mit Eterna nicht weiter kommentiert, darf man davon ausgehen, dass diese weniger ersprießlich war.
Deshalb setzt Rainer Brand in nächster Zukunft auf Großserienwerke von ETA und Sellita, die er aber stets in der bestmöglichen Ausführungsqualität bezieht. «Wir wollen uns nicht in irgendwelche Abhängigkeiten begeben. Außerdem sind meine neuen Entwicklungen nicht mehr so sehr vom Uhrwerk gesteuert, sondern vielmehr von der Form.» Und diese scheint zu wirken: «Mit der bisherigen eher klassischen Designlinie haben wir die Väter angesprochen, mit der neuen eher die Söhne.»
Für eine junge oder zumindest sich jung fühlende Zielgruppe ist auch das Modell gedacht, das im Herbst auf den Markt kommen soll. «Die jungen Leute haben andere Sehgewohnheiten als wir, ein anderes ästhetisches Empfinden. Für unsere Generation muss eine Uhr rund sein. Doch Menschen, die mit Smartphone, Tablet oder gar Apple Watch aufwachsen, finden auch Gefallen an rechteckigen Uhren.» Und für diese Menschen wird es künftig die Ecco2 geben.
«Eigentlich hätten wir sie ja Ecco hoch drei nennen müssen», überlegt Rainer Brand angesichts der Dreidimensionalität, die beim Entwurf eine entscheidende Rolle spielte. Obwohl Rainer Brand bisher ohnehin schon Wert auf hohe Qualität legte, betont er: «Wir wollen unsere Uhren noch langlebiger machen.» Weshalb für das Gehäuse der neuen Ecco2 komplett nickelfreier Edelstahl zum Einsatz kommt, der mit einer Materialhärte von 750 Vickers etwa dreimal härter als üblicher Uhrenstahl ist. Als Antrieb für den Zeitmesser dient das Kaliber ETA 2892. Geplant sind zunächst zwei Gehäusevarianten: mit polierten und mattierten Flächen sowie mit einer schwarzen Beschichtung.
Text: Martin Häußermann
Bilder: Martin Häußermann, Hersteller