JUBILÄUM – 30 JAHRE FREDERIQUE CONSTANT

Vom Küchentisch zur Manufaktur

Frederique Constant
Peter und Aletta Stas übergaben während der Jubiläumsfeier nun auch ganz offiziell das operative Geschäft an ihren langjährigen Mitarbeiter Niels Eggerding (rechts).

Angefangen hat alles mit einem Urlaub in der Schweiz. Peter und Aletta Stas, ein holländisches Ehepaar, das es beruflich nach Hongkong verschlagen hatte, wollten mal wieder in den Skiurlaub fahren. Bei einem abendlichen Schaufensterbummel entdeckten sie einige schöne Uhren. «Die haben uns wirklich gut gefallen, kosteten aber zwischen 7000 und 10.000 Schweizer Franken und lagen damit weit über unserem Budget», erinnert sich Peter Stas heute.
Doch das Interesse war geweckt, und so habe man sich auch in der damaligen Wahlheimat Uhren angeschaut: «Die waren absolut bezahlbar und funktionierten dank moderner, hochwertiger Quarzwerke auch sehr gut, waren aber so hässlich, dass wir sie uns nicht anziehen wollten.» Das ließ den mit großem Unternehmergeist gesegneten Techniker nicht ruhen und mündete in dem Entschluss: «Wenn es auf dem Markt keine bezahlbaren, schönen und guten Uhren gibt, dann baue ich sie selbst.»
In der Folge nahm das Ehepaar Kontakt mit der Zulieferindustrie auf, besuchte Gehäuse-, Zeiger- und Zifferblatthersteller, natürlich auch Produzenten von Uhrwerken. Das alles passierte zu einer Zeit, als die «Quarzkrise» in der Schweizer Uhrenbranche massive Spuren hinterlassen hatte – und sich jeder Betrieb, der diese Krise bis dahin überlebt hatte, über potenzielle Kundschaft freute. Und so öffnete man dem jungen Paar bereitwillig alle Türen, führte sie durch die Werkstätten und gab ihnen Tipps. «Zu den Uhrwerken bekamen wir umfangreiche Dokumentationen mitgeliefert, in denen Maße, Toleranzen und Einbauhinweise gegeben wurden. Das und die Gespräche mit den Lieferanten ermöglichten es mir, die ersten sechs Prototypen buchstäblich zu Hause auf dem Küchentisch zusammenzubauen, obwohl ich von Uhrmacherei eigentlich keine Ahnung hatte», erzählt Stas, lächelt ob des erstaunten Blicks seines Gegenübers und ergänzt: «Man kann viel lernen, wenn man will.» Allerdings darf man stark bezweifeln, dass ETA-Techniker ihren Kunden heute noch Lehrstunden im Uhrenbau geben würden.

Mit 350 Uhren gehts los

«Natürlich baut man so ein Unternehmen nicht über Nacht auf, und es läuft keineswegs alles von selbst», gibt Peter Stas zu. Besonders der Start sei sehr mühsam gewesen. Der erste Auftritt mit den selbst designten und selbst gebauten Uhren stimmte zunächst wenig optimistisch. Aletta Stas stand sich an ihrem Stand auf der Uhrenmesse in Hongkong buchstäblich die Beine in den Bauch – bis ein japanischer Großhändler kurz vor Messeschluss doch noch 350 Uhren bestellte. Diese verkauften sich offensichtlich so gut, dass dieser Händler schon bald weitere 1100 Uhren nachbestellte – alle mit Quarzwerken und ohne einen wohlklingenden Namen. Hier halfen die Altvorderen aus: Alettas Urgroßmutter Frederique Schreiner und Peters Urgroßvater Constant Stas trugen mit ihren Vornamen zur wohlklingenden Marke Frederique Constant bei. Außerdem lässt sich der Markenname schön französisch aussprechen, was für ein Unternehmen in Genf passend erscheint. «Wir wollten gute Schweizer Uhren bauen, deshalb entschlossen wir uns, das Unternehmen dort zu etablieren, wo unserer Ansicht nach die besten Uhren gebaut werden», erinnert sich Peter Stas.

Nachbar von Rolex

Ließ das Unternehmerpaar seine Uhren lange Zeit bei externen Etablisseuren zusammenbauen, eröffnete das Unternehmen im Jahr 2000 seine erste Produktionsstätte im Genfer Stadtteil Chêne-Bourg, um schon sechs Jahre später in den topmodernen Neubau in Plan-les-Ouates umzuziehen – mit so wohlklingenden Namen wie Rolex oder Vacheron Constantin in der Nachbarschaft. Wenn man Peter Stas nach den Meilensteinen des Unternehmens fragt, nennt er als Erstes die Heart-Beat-Kollektion, die 1994 vorgestellt wurde. Die Idee, die schwingende Unruh eines mechanischen Uhrwerks durch einen Zifferblattausschnitt zu zeigen, entstand in einem Gespräch mit Miguel Garcia, dem Gründer von Sellita. Eigentlich nichts Besonderes, denkt man sich, und so dachten auch die beiden Unternehmer. Der Verkaufserfolg jedoch war enorm und animierte einige Wettbewerber zum Nachmachen – eine rechtliche Absicherung etwa durch einen Gebrauchsmusterschutz hatte man versäumt. Als weiteren Meilenstein sieht Stas die Vorstellung des ersten eigenen Uhrwerks im Jahr 2000, dem viele weitere folgen sollten und das Frederique Constant zur veritablen Manufaktur machte. Selbst machen scheint Stas’ Maxime zu sein. Auch der Antrieb und die Software für seine «Horological Smartwatch», die erste Smartwatch, die wie eine klassische Uhr aussah, wurden von einem zwar externen, doch von Peter Stas gegründeten Start-up-Unternehmen entwickelt. Und auch bei der im vergangenen Jahr vorgestellten «Hybrid» verband er hauseigene Uhrenmechanik und Elektronik.

Frederique Constant
Zum Jubiläum gibt es ein Meisterstück, ein Tourbillon mit ewigem Kalender. Beim Preis werden sich viele die Augen reiben: Die gezeigte Stahlversion ist für unter 20.000 Euro zu haben.

Viel Uhr fürs Geld – Auch zum Jubiläum

Den vorläufigen Höhepunkt des technischen Schaffens von Frederique Constant bildet aber das Stück, das anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten in Paris präsentiert wurde: das 30 Years Perpetual Calendar Tourbillon. Hier kombinierten die Entwickler das hauseigene – und 2008 präsentierte – Tourbillonwerk mit dem Ewigen Kalender, der 2016 Premiere feierte. Das sei übrigens alles andere als trivial, betonte Niels Eggerding, der neue Managing Director von Frederique Constant: «Da steckt eine Menge Konstruktionsarbeit drin.» Dafür sind die Preise für die Jubiläumsmodelle alles andere als überhöht. Selbst das auf 30 Exemplare limitierte Topmodell im massiven Goldgehäuse mit skelettiertem Zifferblatt bleibt knapp unter der 30.000-Euro-Grenze, die drei anderen Varianten (Stahl mit geschlossenem oder offenem Blatt, goldbeschichtetes Stahlgehäuse mit geschlossenem Blatt) sind auf 88 Exemplare begrenzt und kosten 19.495 Euro. Damit folgt Frederique Constant weiterhin der Maxime der beiden Gründer, hochwertige Uhren zum vertretbaren Preis zu bauen. Und das, obwohl Peter und Aletta Stas das Zepter nicht mehr in der Hand halten: Sie verkauften das Unternehmen 2016 an den japanischen Konzern Citizen, unter anderem weil die eigenen Kinder kein Interesse am Unternehmen hatten. Bei der offiziellen Jubiläumsfeier, die jüngst in Paris stattfand, gaben die Gründer nun auch formell den Staffelstab an Niels Eggerding weiter, der von der Konzernleitung zu Beginn dieses Jahres offiziell zum Managing Director ernannt wurde. Er verspricht, das Unternehmen auch weiter im Sinne der Gründer zu führen. Schließlich ist er selbst auch Holländer.

Text: Martin Häußermann
Bilder: Hersteller, Martin Häußermann



Lesen Sie hierzu auch unser Interview mit dem neuen CEO Niels Eggerding

Alles über die interessante Technik der Hybrid-Smartwatch von Frederique Constant erfahren Sie hier

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