Breguet Type XX und Type 20

Zweimal Zwanzig

Juni 2023. Lionel a Marca, der neue CEO der geschichtsträchtigen Uhrenmarke Breguet, spannte seine Gäste im Pariser Petit Palais bei der Präsentation der neuen Fliegerchronographen am 6. Juni 2023 ganz schön auf die Folter, bevor er zusammen mit Emmanuel Breguet den Schleier über den beiden neuen Uhren lüftete.
Breguet Type XX und Type 20
Die Neuauflagen der Type XX und Type 20 (rechts) aus Juni 2023.

Die Erwartungen der rund 400 geladenen Interessenten wurden nicht enttäuscht: Die beiden neue Uhren präsentierten sich als stilsichere Interpretationen des Type-XX-Themas, das Uhrenfreunde nun tatsächlich bereits seit 70 Jahren begeistert: eine "militärische" Version mit quersymmetrisch angeordneter Kleiner Sekunde und Halbstundenzähler und eine "zivile" Ausführung mit drei Totalisatoren, darunter ein 15-Minuten-Zähler als Reminiszenz an die Zeit der im Minutentakt abgerechneten Ferngespräche. Die beiden Versionen tragen dasselbe Preisschild von 18.900 Euro, und das erscheint in Anbetracht des Gebotenen nicht einmal überzogen.

Eine Perle: Das neue Kaliber 728

Genuine "integrierte" und von Grund auf neu konstruierte Manufaktur-Chronographenwerke gibt es heute zwar wieder in erfreulicher Bandbreite, doch selten im Preisbereich unter 20.000 Euro. Hier kann das neue Kaliber 728 bzw. 7281 von Breguet voll punkten, zumal sich Verarbeitung und Finissierung auf gewohnt hohem Niveau bewegen. Das Automatikkaliber mit beidseitigem Aufzug ist eine moderne Konstruktion von eher schnörkellosem Zuschnitt. Die Automatikbrücke beweist Mut zur (unverzierten) Fläche, der Rotor versteckt sein wertvolles Grundmaterial (Gold) unter einer schwarzen Beschichtung. Die mit 28.800 A/h getaktete Hemmung ist auf dem aktuellen Stand der Technik mit Silizium-Spiralfeder, Silizium-Ankerrad und Siliziumpaletten, die Unruh mit ihrem glatten Reif ist unter einer kompakten Brücke gelagert – natürlich mit einer Incabloc-Stoßsicherung versehen, die auf Abraham-Louis Breguets 1790 patentierte "Pare-Chute" zurückgeht.

Die Steuerung der Chronographenfunktionen erfolgt im Zusammenspiel mit einem hakenförmigen Hebel über ein interessant gestaltetes Schaltrad. Es ist aus Stahl gefertigt und zusätzlich mit einer glasharten DLC-Beschichtung gegen Verschleiß geschützt. Der Chronographenmechanismus wird über eine vertikale Kupplung schonend und ruckfrei geschaltet. Der Mechanismus verfügt über eine Flyback-Funktion, auf Französisch "retour en vol" genannt, der eine Rückstellung der Chronographenzeiger aus vollem Lauf ermöglicht und nach Loslassen des Drückers unverzüglich eine neue Messung startet.

Robust sollte es werden, Breguets Chronographenwerk für die Zukunft, und das verdeutlichen auch die Dimensionen: Geschätzte 30 mm Durchmesser und über 6 mm Höhe stehen nicht für eine ultraflache Bauweise. Dafür bietet das Räderwerk eine Gangreserve von 60 Stunden und ausreichend Kraft für zusätzliche Funktionen.

Breguet Type 20
Breguet Type XX, die "Zivilausführung" mit 15-Minuten-Zähler.

Militärisch oder zivil?

Wie eingangs geschildert beziehen sich die beiden ungleichen Uhren-Geschwister auf unterschiedliche Vorbilder, woraus sich dem Sammler ungewöhnliche Perspektiven eröffnen. Bei genauer Betrachtung der Modellbezeichnungen stellt er fest, dass der "militärische" Chronograph mit der Referenz 2057 "Type 20" heißt, also in arabischen Ziffern geschrieben wie bei der Serie von 1100 Fliegerchronographen, die zwischen 1955 und 1959 an die französische Luftwaffe geliefert wurde. Die Neuinterpretation hat wie das Original von damals nur zwei Totalisatoren, doch ist die Skala des Halbstundenzählers (rechts bei der "3") als "Big Eye" etwas größer als gegenüberliegende Kleine Sekunde.

Zu allem Überfluss, muss man sagen, haben die Produktentwickler in die Lücke zwischen den rüde angeschnittenen Stundenziffern "4" und "5" noch ein trapezförmiges Datumsfenster gequetscht. Bei der "zivilen" Version mit der Referenz 2067 gerät dieses Datumsfenster durch den 15-Minuten-Zähler bei der "3" und den 12-Stunden-Zähler bei der "6" sogar noch zusätzlich unter Druck. Diese Variante nennt sich übrigens "Type XX" mit römischen Ziffern und bezieht ihre Inspiration von früheren zivilen Versionen aus den 1950er und 1960er Jahren, insbesondere einer im Breguet-Museum befindlichen Uhr mit der individuellen Nummer 2988.

Breguet Type XX
Breguet Type XX, die "militärische" Variante mit nur einem – großen – Minutenzähler und Kleiner Sekunde.

Die bis 100 m wasserdichten Edelstahlgehäuse beider Uhren haben 42 mm Durchmesser und sind 14,1 mm hoch, jedoch keineswegs identisch. Traditionalisten mögen bedauern, dass nicht wenigstens die Type 20 das charakteristische Topfgehäuse mit kanneliertem Mittelteil behalten hat, aber die neuen Chronographen sollen dem klassischen französischen Fliegerchronographen schließlich einen Weg in die Zukunft ebnen.

Text: Peter Braun


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