Uhren & Autos: TudorEs lebe der Sport
Neben dem Engagement in verschiedenen Sportarten ist die kleine Rolex-Schwester seit diesem Jahr erstmals auch in der Formel 1 vertreten.
Julien Faure hat viele Gründe, stolz zu sein. Zum Beispiel auf die Tradition des Hauses. Er leitet die Weberei, die seinen Namen trägt, in der nunmehr fünften Generation. Der über eineinhalb Jahrhunderte alte inhabergeführte Betrieb – vormals «Faure Frères» – hat namhafte Kunden, darunter Luxusmodelabels wie Dolce & Gabbana, Jil Sander oder Etro.
Seit rund zehn Jahren weben die Franzosen auch für die Genfer Uhrenmanufaktur Tudor. Der Traditionsbetrieb mit Sitz in Saint-Just Saint-Rambert, eine knappe Autostunde von Lyon entfernt, fertigt die wahrscheinlich besten und aufwendigsten Textilarmbänder für Armbanduhren.
Wer jetzt mit den Schultern zuckt und meint, NATO-Bänder seien doch nun wirklich nichts Besonderes, geht von den Billigartikeln aus, die im Internet zu Preisen zwischen zehn und 20 Euro zu haben sind und deren Entstehungskosten bei vielleicht etwas über einem Euro liegen. Das zumindest schätzt Firmenchef Julien Faure, der ein solches Teil in der Hand hält und erklärt: «Das wird mit Nadelwebmaschinen gefertigt. Die sind zwar sehr schnell, doch werden die Kanten solcher Bänder links und rechts immer unterschiedlich.» Das liege daran, dass nach einem Durchschuss des querenden Garns an dessen Ende immer ein kleiner Knoten gemacht werde – aber eben nur auf einer Seite.
Auch bei Julien Faure stehen solche Maschinen, die besonders für schnell zu erledigende, wenig anspruchsvolle Aufträge genutzt werden. In der Hauptsache aber setzt Julien Faure auf klassische Jacquard-Webmaschinen, die älteste im Betrieb stammt aus dem Jahr 1805.
Die von dem französischen Seidenweber Joseph-Marie Jacquard erfundene und im Jahr 1805 erstmals eingesetzte Webmaschine gilt als Meilenstein in der Geschichte der Weberei. Dank einer Steuerung mit Lochkarten, später Lochstreifen, arbeitete sie deutlich schneller als Menschen mit Handwebstühlen. Sie konnte große und komplexe Muster bis hin zur ganzen Maschinenbreite herstellen.
Anfang der 1970er kamen Nadelwebmaschinen auf und beschleunigten den Arbeitsprozess um den Faktor zehn. «Aus diesem Grund beschlossen wir, uns auf die Herstellung von besonders hochwertigen gemusterten Bändern für die Luxusindustrie zu konzentrieren », berichtet Julien Faure.
Als 2009 die Uhrenmanufaktur Tudor bei Julien Faure Textilbänder für ihre Uhren entwickeln lassen wollte, empfand der in seiner Branche lang gediente Geschäftsmann dies als Herausforderung. Das betraf zum Beispiel die Maßhaltigkeit: «Wenn Hutbänder in der Stärke um einen Millimeter differieren, spielt das einfach keine Rolle. Bei einem Uhrenarmband muss das aber immer exakt gleich sein, weil es sonst bei Bandanstößen und auch der Schließe zu Problemen kommen kann.»
Weil Julien Faure und seine Technikspezialisten die Software zur Steuerung der Webstühle selbst entwickelt haben, fanden sie eine Lösung – und nicht nur dafür. So konstruierten sie in ihre Bänder Tunnel für die Bandstege und die Befestigung der Schließe. Beides einfach umwickeln geht nicht, weil das Band an dieser Stelle zu sehr auftragen würde. Deshalb wird das Band an der Position für die Stege in seiner Stärke buchstäblich halbiert.
Um die Bänder für verschiedene Gehäusegrößen kompatibel zu machen, ist einer der beiden Stegtunnel sozusagen als drei Millimeter langes Langloch ausgeführt. Das ermöglicht einerseits flexible Einsatzmöglichkeiten, andererseits eine fixe Positionierung jeder Uhr am Band. Das muss auch nicht mehr wie NATO-Bänder zweimal unter dem Gehäuseboden durchgeschleift werden, es reicht eine Lage.
Fünf Fadenlagen in Längsrichtung und vier in Querrichtung sorgen nicht nur für eine feine Haptik, sondern auch für eine vertrauenerweckende Stabilität, die bei Tudor in ausführlichen Versuchen getestet wurde.
Premiere feierten die Tudor-Bänder von Julien Faure am Heritage Chrono, und aus der Heritage-Linie sind sie nicht mehr wegzudenken – schließlich bieten sie einen hervorragenden Tragekomfort und verleihen der Uhr, falls gewünscht, auch einen individuellen Charakter.
Dabei sind sie optisch wie haptisch deutlich hochwertiger als die dünnen NATO-Bänder, deren Wertigkeit oft in einem krassen Gegensatz zu den teuren Uhren steht, die daran befestigt werden. Dazu bemerkt Julien Faure: «In zehn Jahren hat es bisher niemand geschafft, uns zu kopieren.» Auch das ist ein Grund, ein wenig stolz zu sein.
Text und Bilder: Martin Häußermann
Hinter den Kulissen: Manufakturbesuch in Genf