Was messen die?

Zeiger und Skalen

Das Zifferblatt einer Armbanduhr ist mitunter übersät mit kleinen Skalenkreisen oder -kreissegmenten. Oft lassen sie sich leicht einer bestimmten Anzeige zuordnen, manchmal aber auch nicht.

Dieser Beitrag hat eine Vorgeschichte: Vor einiger Zeit beschrieben wir eine kleine kreisförmige Skala ganz eng um die zentrale Zeigerachse eines Chronographen von Jean Marcel als «optischen Kunstgriff». Dabei handelt es sich jedoch um eine funktionale Telemeterskala, die vom Gegenschenkel des Chronographen-Sekundenzeigers bestrichen wird! Seitdem sind wir etwas vorsichtiger geworden und fragen bei Unklarheiten schon mal beim Hersteller nach.

Die Teilung verrät den Zweck

Eigentlich lassen sich die meisten Zeigeranzeigen anhand ihrer Skalierung leicht zuordnen: Eine Unterteilung in 31 Schritte gehört mit Sicherheit zu einem Zeigerdatum, 24 Striche charakterisieren eine 24-Stunden- bzw. Tag-/Nachtanzeige und eine 30er-Teilung identifiziert den Halbstundenzähler eines Chronographen.
Schwieriger wird es bei 12er-Teilungen, die sowohl bei Chrono-Stundenzählern als auch – bei zusätzlichen Zonenzeiten oder sogenannten Regulatoren – als einsamer Stundenzeiger Verwendung finden. Und 60 Striche können bei einem Chrono-Minutenzähler oder bei einem Sekunden-Totalisator stehen – oder bei einer Kleinen Sekunde. Manche Hersteller versehen den Käfig eines Tourbillons mit einem kleinen Index und verzieren den Zifferblattausschnitt mit einer 60er-Skala – fertig ist die Kleine Sekunde de luxe.

Heuer Pulsometer
Heuer packte einst Pulsometer und Tachymeter auf eine Skala – funktioniert.
Erwin Sattler Regulator
Sekunde bei der «12», zentrale Minute, Stunde bei der «6»: Regulator von Sattler.
Die TAG Heuer Monaco LS
Die TAG Heuer Monaco LS hatte eine lineare Sekundenanzeige.

Tele-, Tachy- und Pulsometer

Eingangs erwähnte Telemeterskala befindet sich meist am Zifferblattrand und ist oft mit Kilometer oder «km» beschriftet. In Verbindung mit dem Sekundenzeiger eines Chronographen lässt sich so anhand der verstrichenen Zeit zwischen Blitz und Donner die Entfernung des Gewitters ablesen – bzw. des Mündungsfeuers, denn der Telemeter ist eine Erfindung des Militärs.

Eine Pulsometerskala muss in jedem Fall mit der Angabe der Graduierung versehen sein. «Gradué pour 20 pulsations» steht da zum Beispiel, das heißt, der Arzt oder Sanitäter fühlt den Puls, startet den Chronographen und kann nach gezählten 20 Herzschlägen den auf die Minute hochgerechneten Pulsschlag des Patienten direkt an der Skala ablesen.

Die Tachymeterskala ist ebenfalls nur eine Hochrechnungshilfe: Wenn man ermittelt, wie lange ein einzelnes Ereignis dauert (in Sekunden), kann man an der Zeigerspitze ablesen, wie viele solcher Ereignisse in einer Stunde stattfinden. Besonders populär ist das Messen der Zeitabstände zwischen zwei Kilometersteinen an der Autobahn, die der Tachymeter flugs in Stundenkilometer umrechnet. Ganz pfiffige Hersteller kombinieren Tachy- und Pulsometerskala wie z. B. Heuer bei der Montreal, auf die uns Leser Fritz Tebbe hingewiesen hat.

Retrograd gleich rückspringend?

Blancpain Equation Marchante
Blancpain Equation Marchante mit ewigem Kalender. Der goldene Zeiger zeigt die Minute der wahren Sonnenzeit und die Differenz zur «bürgerlichen» Minute.

Retrograde Zeiger bewegen sich innerhalb einer kreissegmentförmigen Skala vor und zurück, wobei der Begriff ursprünglich auch bei langsam schwenkenden Zeigern wie z. B. bei der Gangreserveanzeige verwendet wurde, die wie eine Benzinuhr funktioniert.

Inzwischen bezeichnet man vor allem schlagartig an den Skalenanfang zurückschnellende Zeiger als «retrograd», wie Stunden-, Minuten- und sogar Sekundenzeiger mit entsprechenden Segmentskalen. Auch Datumszeiger können am Monatsende auf den Ersten zurückspringen, sowie Wochentags-, Monats- und Schaltjahreszeiger.

Langsam schwenkende Zeigeranzeigen sind indes nach wie vor gefragt, wenn es um die Anzeige von Sonnenauf- und -untergangszeiten oder um das «Wandern» des Sonnenhöchststands in Relation zur Zeitanzeige «12 Uhr mittags» geht. Die sogenannte Äquationsanzeige informiert den Träger darüber, um wie viele Minuten der «wahre Mittag» der angezeigten mittleren («bürgerlichen») Uhrzeit vorauseilt oder hinterherhinkt. Bei der «Équation marchante» besitzt die Uhr einen zweiten Minutenzeiger, der die Differenz auf einen Blick verdeutlicht. Die Abweichungen sind beträchtlich: Im November ist die Sonne bis zu 16 Minuten zu früh dran, im Februar fast eine Viertelstunde zu spät. Die Erde dreht sich zwar immer gleich schnell, aber sie ist eben nicht immer gleich weit von der Sonne entfernt. Da sie unsere Lebensspenderin auf einer ellipsenförmigen Bahn umrundet, dauern die Zeitspannen von Mittag zu Mittag fast nie exakt 24 Stunden.

Lineare Anzeigen

Lineare Bewegungen sind dem Wesen des Uhrwerks fremd, und so sind lineare Anzeigen immer ein optischer Trick: Hier dreht sich eine Schneckenlinie auf einer Scheibe hinter einer schlitzförmigen Zifferblattöffnung. Für die Anzeige einer (bevorzugt sehr hohen) Gangreserve wird das gern genutzt, aber man hat auch schon mal die Kleine Sekunde so dargestellt – wahrscheinlich, um sich an den fragenden Mienen der Betrachter zu ergötzen.

Text: Peter Braun
Jean Marcel Telemeter
Jean Marcel nutzt auch den Gegenschenkel des Sekundenzeigers zur Zeitmessung, hier als Telemeter.
Vacheron Constantin
Bei Vacheron Constantin finden sich retrograde Anzeigen für Sonnenauf- und -untergang sowie eine lineare Anzeige der Sonnenstunden pro Tag.

Weiterlesen:
Profi-Wissen: Stopp mal! Der Chronograph.
Profi-Wissen: Wie lange noch? Die Gangreserve.
Profi-Wissen: A/h – die Schlagzahl!

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