Deutsche und Schweizer Chronometer

Genau so geht´s

In Zeiten von GPS-Systemen ist die Uhr als Navigationsinstrument eigentlich passé. Dennoch werden immer mehr Chronometer gebaut. Das zeigen vor allem die Statistiken der Contrôle Officiel Suisse des Chronomètres, kurz COSC.

Die Schweizer Institution wurde 1973 ins Leben gerufen und ist seither das Epizentrum horologischer Genauigkeit. Die COSC ist ein Verein, getragen von den Schweizer Kantonen Neuchâtel, Waadt, Genf, Solothurn und Bern sowie der Schweizer Uhrenindustrie.

Sie nahm die sieben bis dahin unabhängigen amtlichen Prüfstellen (Biel, La Chaux-de-Fonds, Genf, Le Locle, Saint-Imier, Le Sentier und Solothurn) als Dachorganisation unter ihre Fittiche.

Der aktuelle Stammsitz der COSC ist La Chaux-de-Fonds, Prüfstellen befinden sich heute in Biel und Le Locle, alle anderen wurden im Laufe der Zeit geschlossen, zuletzt die beiden Büros in St.-Imier und Genf im Sommer 2013.

Dabei wurden fast Jahr für Jahr mehr Uhren geprüft. Verließen im Gründungsjahr noch 523.192 geprüfte Chronometer die Labore, waren es zur Jahrtausendwende fast doppelt so viele (1.032.258). Bisheriger Höhepunkt war das Jahr 2012 (1.732.526), während es 2013 wieder leicht rückwärtsging (1.688.441).

Diese Scharte dürfte aber zumindest kurzfristig ausgewetzt werden, schätzt COSC-Direktor Andreas Wyss die Lage ein (siehe auch Interview «Wir sind Dienstleister für die Schweizer Uhrenindustrie»). Offizielle Zahlen zum Prüfjahr 2014 werden allerdings erst im Frühjahr erwartet.

Wie es weitergeht, wenn Omega wie angekündigt seine magnetfeldresistenten Uhren von Oktober 2015 an vom Eidgenössischen Institut für Metrologie (METAS) prüfen lässt und der COSC damit der zweitgrößte Einlieferer (2013: 447.477 geprüfte Chronometer) verloren geht, wird sich zeigen.

Es ist wahrscheinlich, dass der Abstand von Chronometer-Primus Rolex (804.896) zu den folgenden Marken größer wird. Dritter war bisher Breitling (155.737), die Swatch-Group-Marken Mido (72.948) und Tissot (62.830) folgten 2013 auf den Plätzen vier und fünf.

Exklusive Präzision nach deutscher Norm

Ursprünglich war die Chronometerprüfstelle direkt in der Glashütter Sternwarte untergebracht, inzwischen ist sie aber in ein Nebengebäude umgezogen.

Von solchen Zahlen ist die Chronometerprüfstelle in der Sternwarte Glashütte sozusagen Lichtjahre entfernt. Rund 8500 Uhren könnten dort derzeit pro Jahr geprüft werden, sagt uns Kay Gahrig, einer von zurzeit zwei Prüfern in der Sternwarte, doch sei die Kapazitätsgrenze noch nicht erreicht. «Wir wollen und können mit der COSC nicht in den Wettbewerb treten, dafür ist unser Zertifikat aber auch exklusiver», kommentiert Gahrig selbstbewusst.

Die Glashütter Chronometerprüfstelle ist ein vergleichsweise junges Unternehmen. Sie entstand auf Initiative des Juweliers Wempe und nahm 2006 ihre Arbeit auf. Der Betreiber ist das Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz (TLV) in Kooperation mit dem Sächsischen Landesamt für Mess- und Eichwesen. Über die Einhaltung von Normen und Toleranzen wacht die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS).

Nach der Schließung der Chronometerprüfstelle in Stuttgart im Jahr 1970 gab es in Deutschland 36 Jahre lang keine amtliche Chronometerprüfung mehr. Der Initiative von Wempe ist es zu verdanken, dass diese Lücke nun geschlossen ist. Das einst zarte Pflänzchen – man startete 2006 mit 2000 geprüften Chronometern – scheint zu gedeihen. Dazu trägt Initiator Wempe maßgeblich bei, indem er große Teile seiner hauseigenen Kollektionen Chronometerwerke und Zeitmeister prüfen lässt.

Weil deutsche Uhrenmarken ihre Uhrwerke inzwischen nicht mehr bei der COSC prüfen lassen dürfen, ist die Prüfung in der Glashütter Sternwarte derzeit für sie die einzige Möglichkeit, einen geprüften Chronometer auf den Markt zu bringen. Auch wenn das deutsche Zertifikat dem Vernehmen nach deutlich teurer ist als das Schweizer – wobei sich beide Seiten über die genauen Gebühren ausschweigen.

Auch über die Kunden bewahrt das TLV Stillschweigen, wobei bekannt ist, dass das Münchner Unternehmen Point-Tec (Marken Junkers, Zeppelin) ebenso Kunde des Glashütter Prüflabors ist wie der Nachbar Nomos. Nun kommt mit Mühle ein weiterer Nachbar hinzu, der 2010 immerhin noch 1385 Uhrwerke bei der COSC prüfen ließ. Günter Teuscher, den Geschäftsführer der Wempe Chronometerwerke in Glashütte, freut es: «Wir haben uns bewusst für ein offizielles, markenoffenes Prüfverfahren entschieden. Für ein Privatsiegel müssten wir diesen Aufwand nicht betreiben.»

Text: Martin Häußermann
Bilder: Häußermann, COSC
COSC Chronometerprüfung
Die «COSC» misst den Gang der Uhrwerke in einem optischen Verfahren
Wempe Chronometerprüfung
Der Gang der Uhren wird von Witschi-Messgeräten ermitelt, die sowohl mechanische Uhren als auch Quarzuhren (auf den schwarzen Tellern) prüfen können.
Weiterlesen:
Einführung: Alles über Chronometer
Poinçon de Genève, die «Genfer Punze»
Qualité Fleurier
Das Patek Philippe Siegel
Allgemeines zur Chronometerhemmung
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