Rund um Beschichtung und Galvanik

Moderne Alchemie

Silberweiß glänzende Platinen und Brücken, tiefschwarze Edelstahlgehäuse: Bei der Optik von Uhren wird mit diversen Beschichtungsverfahren nachgeholfen. Dabei geht es nicht nur um die Schönheit, sondern auch um die Funktion.
Messingplatine vor der galvanischen Beschichtung in der Manufacture Chopard.
Messingplatine vor der galvanischen Beschichtung in der Manufacture Chopard.

Innen weich und außen ganz hart, im Inneren schlicht und von außen edel und hochwertig – die Verbindung verschiedener Materialien folgt seit jeher dem gleichen Prinzip: Zwei finden zusammen, um ihre optischen oder funktionalen Eigenschaften optimal zur Geltung zu bringen. Im Uhrwerk etwa erhalten profane Messingteile wie Räder, Brücken und Platine eine galvanische Beschichtung, um die Oberflächen zu schützen und schöner zu machen. Und Uhrengehäuse bekommen einen angesagten schwarzen Look durch einen harten Überzug in der entsprechenden Farbe.

Gemeinsam ist jeweils der Begriff der «Beschichtung» (bzw. «Coating»). Damit bezeichnet man ganz allgemein das Aufbringen eines fest haftenden Belags auf die Oberfläche eines Werkstücks. Ganz allgemein kann man chemische, mechanische und thermische Methoden unterscheiden. Sie alle finden sich auch in der Welt der Uhren wieder – in Uhrwerken und bei der Ausstattung, so zum Beispiel bei Zifferblättern, die lackiert oder galvanisiert sind, bei Komponenten des Uhrwerks, bei Gehäusen und Armbändern. Dabei geht es häufig um den Korrosionsschutz, oft aber auch um die Optik.

Metall in einem Bad

Eintauchen in das Galvanikbecken bei Lehmann Schramberg.
Eintauchen in das Galvanikbecken bei Lehmann Schramberg.

Um beides geht es bei der Galvanik. Die Galvanotechnik – auch Elektroplattieren genannt – geht bis ins 18. Jahrhundert zurück und wurde ab etwa 1870 industriell genutzt. Unter diesem Verfahren versteht man die elektrochemische Abscheidung von metallischen Überzügen auf einen Gegenstand. Die Metallverbindung ist in einem Salz- oder Säurebad gelöst und wird mithilfe von Elektrolyse aufgespalten, um sich auf einem elektrisch leitenden Gegenstand in dem Bad niederzulassen. Dabei wird er rundum gleichmäßig mit einer dünnen Schicht belegt.

Zahlreiche Manufakturen unterhalten eine eigene Galvanikabteilung in ihrem Haus, um Uhrwerkkomponenten behandeln zu können, denn auch bei Zifferblättern kann dank Galvanotechnik Farbe ins Spiel kommen, und Gehäuse und Bänder können ebenfalls galvanisch veredelt werden, was bei Gold als Plaqué bezeichnet wird. Verantwortlich für alle Arbeitsschritte ist der Galvaniseur, der eine Ausbildung zum Oberflächenbeschichter absolviert hat. Er muss die verschiedenen Bäder prüfen, für den richtigen Säure- und Metallgehalt sorgen sowie das Aussehen, die Farbe und die Dicke der Metallschichten kontrollieren.

Die Galvanisierung findet immer in mehreren Bädern statt; je nach gewünschter Härte und Schichtdicke können sechs oder sieben Behandlungen erforderlich sein. Dabei können in den verschiedenen Bädern nacheinander verschiedene Metalle aufgebracht werden. Zwischen diesen Behandlungen und vor allem danach müssen die Teile gespült oder sogar die Entfettung wiederholt werden.

Rhodiniertes, das heißt galvanisch mit Rhodium beschichtetes Werk von Nomos Glashütte.
Rhodiniertes, das heißt galvanisch mit Rhodium beschichtetes Werk von Nomos Glashütte.

Für das Galvanisieren mit Rhodium – «weiße» Uhrwerkkomponenten bestehen meist aus Messing und werden mit Rhodium beschichtet – gibt es einen eigenen Namen: Rhodinieren. Rhodium ist ein Schwestermetall von Platin, hart und robust, oxidiert nicht und glänzt in reinem Weiß. Auch Weißgold wird häufig rhodiniert, um ihm ein glanzvolles weißes Finish zu geben.

Verdampfen und Zerstäuben

Für eine ansprechende Optik sorgt auch die PVD-Beschichtung, ein Verfahren, das zur chemischen Gasphasenabscheidung zählt. PVD ist die Abkürzung für Physical Vapour Deposition, zu Deutsch physikalische Abscheidung aus der Gasphase.

Dabei wird ein Material durch Verdampfen oder Zerstäuben in einen gasförmigen Zustand gebracht (Plasma), damit es sich in der Folge auf einem Werkstück niederschlägt, sodass dieses hauchdünn mit dem Ausgangsmaterial beschichtet wird. Dafür eignen sich fast alle Metalle und auch Kohlenstoff in sehr reiner Form.

Bei Uhren schätzt man diesen Effekt, ein Gehäuse widerstandsfähiger zu machen. Bei Sinn geht man sogar noch weiter: Vor der PVD-Beschichtung mit besonders unempfindlichem Hartstoff wird die Oberfläche des Edelstahlgehäuses durch die Tegiment-Technologie gehärtet. Dieses Verfahren unter Einwirkung von Wärme führt zu Gefügeveränderungen im Edelstahl und zu einer deutlichen Härtesteigerung. Auf diese harte Oberfläche wird die PVD-Beschichtung aufgebracht, sodass die Robustheit der Oberfläche die Hartstoffschicht stützt. Dies reduziere laut Sinn die Abnutzung der Farbschicht und verhindere ein Abplatzen.

Hart wie Diamant

Beschichtete Silizium-Komponente mit synthetischem Diamant für Ulysse Nardin.
Beschichtete Silizium-Komponente mit synthetischem Diamant für Ulysse Nardin.

Auch die DLC-Beschichtung wurde entwickelt, um widerstandsfähige Oberflächen herzustellen. Mit «Diamond-Like Carbon» (diamantähnlicher Kohlenstoff) bezeichnet man eine Familie von Schichten, die überwiegend aus Kohlenstoff bestehen – dem Grundstoff von Diamanten. Die atomare Struktur dieser Schichten bewegt sich zwischen denen von Graphit und Diamant, sie sind bis 3000 Vickers hart.

Doch nicht nur Kohlenstoff und sogar Gold können mittels Beschichtung aufgebracht werden – es besteht auch die Möglichkeit, Diamantschichten aufzutragen. Zum Einsatz kamen entsprechende Uhrwerkkomponenten bereits bei Ulysse Nardin – in Gestalt von Silizium-Bauteilen mit synthetischer nano-kristalliner Diamantschicht, die mithilfe von chemischem Dampfabscheiden (CVD) aufgebracht wurde. Das ist nur ein Beispiel für den unaufhaltsamen Fortschritt, denn auch weiterhin wird unermüdlich an neuen Materialien, neuen Farben und noch höherer Widerstandskraft geforscht.

Text: Iris Wimmer-Olbort

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