Uhren & Autos: JunghansKopfüber in die Siebziger
Die Schwarzwälder Uhrenmarke hat eine lange und teilweise recht spektakuläre automobile Vergangenheit. Hier kommen die Youngtimer auf ihre Kosten.
Von den Ausmaßen des Tissot- Archivs ist bisher nur sehr wenig an die Öffentlichkeit gedrungen. Fotos, Prospekte, Kataloge, Pressedokumente, Ladenauslagen, Verpackungsmaterialien und nicht zu vergessen mehr als 8000 Uhren, übersichtlich geordnet nach Jahrgang, Typ und Variante.
Die gesamte Historie von Tissot ist in diesem Archiv festgehalten – was keine Selbstverständlichkeit ist, denn wir reden hier von einer fast 170-jährigen Geschichte, die von Katastrophen verschont geblieben ist, was fast an ein Wunder grenzt.
Das Tissot-Archiv befindet sich am Hauptsitz der Marke in Le Locle und wird von einem engagierten Team von Spezialisten verwaltet. Man betritt das Gebäude durch den unscheinbaren Haupteingang. An der Wand hinter der Rezeption prangen alle Logo-Variationen seit 1880. Den nüchternen Tissot-Schriftzug, wie er heute existiert, gab es in fast identischer Form bereits 1910.
Ein Stockwerk höher betritt man einen Vorraum, der mit einigen Möbeln aus den alten Uhrmacherwerkstätten eingerichtet ist. Es gibt auch ein paar vergilbte Fotos der Gründerpersönlichkeiten der Tissot-Uhrenfabrik. Wenn man durch eine Tür den nächsten Raum betritt, stockt einem für einen kurzen Moment der Atem. Denn hier, in langen Regalen säuberlich nach Jahrgängen sortiert, befinden sich alte Tissot-Archivdokumente von unschätzbarem Wert.
Dort lagern etwa Bücher, die man benötigt, um Archivauszüge alter Tissot-Uhren für Kunden zu erstellen. Auch Fotoalben sind hier zu finden. Dokumentiert ist zum Beispiel der Besuch von Grace Kelly, die als Fürstin Gracia Patricia von Monaco zusammen mit ihrem Mann, Fürst Rainier, der Manufaktur einen Besuch abstattete. Fotografiert wurden aber auch alltägliche Themen, etwa die Inneneinrichtung von Tissot-Geschäften in den 1940er Jahren.
Im nächsten Raum reihen sich große Schubladenschränke aneinander, in denen fast alle Uhrentypen lagern, die Tissot jemals hergestellt hat. Angefangen mit den ersten Taschenuhren von 1853 über rare Chronographen von seltener Schönheit und in perfektem Zustand bis hin zu Automatikuhren mit Zifferblättern, auf denen kunstvoll Teile amerikanischer Landkarten abgebildet sind.
Auf dem Gebrauchtmarkt sind solche Uhren fast nie zu finden. Warum das so ist, kann die Archivarin anhand der entsprechenden Einträge in den Büchern genau beantworten. In einer der Schubladen befindet sich die legendäre Navigator-Weltzeituhr, und zwar nicht nur eine, sondern Exemplare aller Varianten, die es gegeben hat.
Ebenfalls zu finden ist die revolutionäre Tissot Idea 2001, die erste Automatikuhr aus synthetischem Material, die ihrer Zeit zwar um Jahrzehnte voraus war, aber kein kommerzieller Erfolg für Tissot wurde. Auch interessant ist die RockWatch mit einem Gehäuse aus Stein, von der es nie zweimal dieselbe gab. Oder die WoodWatch, ein weiteres innovatives Beispiel in Bezug auf Design und Material.
Im Untergeschoss des Gebäudes lagert eine unüberschaubare Menge an Material, das darauf wartet, gesichtet, sortiert, katalogisiert und verstaut zu werden. Dutzende alter Tissot-Uhrenkästen, Etalagen, Aufsteller, Trophäen und Leuchttafeln aus längst vergangenen Zeiten, dazu stapelweise Drucksachen, Kataloge, Preislisten, Patentschriften und vieles mehr.
Die Archivarinnen und Archivare haben damit sicherlich noch Jahre zu tun. Sylvain Dolla ist überzeugt, dass es sich lohnt, das Tissot-Archiv aus seinem Dornröschenschlaf zu wecken und der Allgemeinheit zugänglich zu machen.
Text und Bilder des Archivs: Branko Radovinovic
Uhrenbilder: Tissot