Portrait Robot

Aus Tschechien in die Welt

April 2023. Die Wiege der europäischen Mechanik liegt nach Meinung vieler Experten nicht im Schwabenland, sondern im Böhmerland. Mit ihrer neuen Marke Robot wagt sich die tschechische Uhrenfabrik Bohematic auf internationales Terrain.
Robot Tatra
Automobile aus Böhmen, wie dieser Tatra 97 von 1938, zählten mit ihrer kompromisslosen Stromlinienform zur europäischen Design-Avantgarde.

Die industrielle Revolution setzte in den einst habsburgischen Ländern Böhmen und Mähren schon sehr früh ein: Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts gab es hier mit Wasserkraft oder Dampfmaschinen betriebene Webstühle, die Provinzhauptstadt Brno (Brünn) galt als «mährisches Manchester». Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstanden Maschinen- und Fahrzeugfabriken, die Automarke Laurin & Klement produzierte Spitzentechnologie in Serie, konstruiert von Ferdinand Porsche. Heute heißt das Unternehmen Skoda und gehört zum VW-Konzern, der in der Region rund um Mlada Boleslav zahlreiche Zulieferbetriebe beschäftigt.

Traditionelles Know-How

Auch der Unternehmer Josef Zajíček kommt aus der Autobranche, doch seine Liebe galt stets den Uhren. Vor fünf Jahren gründete er in Nové Město nad Metují, einem Zentrum der tschechischen Feinwerktechnik-Industrie, die Uhrenfirma Bohematic. In Zusammenarbeit mit dem Prager Designstudio Olgoj Chorchoj (Michal Froněk und Jan Němeček) und einem Team von erfahrenen Uhrmachern und Handwerkskünstlern entstand eine kleine Kollektion hochwertiger Zeitmesser, die stilistisch gesehen in der großen Tradition des tschechischen Designs des 20. Jahrhunderts stehen. Bezeichnenderweise finden sich hier zahlreiche Anspielungen auf zeitgenössische Automobildesigns sowohl aus der «Aerodynamik» der dreißiger Jahre als auch aus der Avantgarde der sozialistischen Epoche.

Robot Modelle
Links: Im Modell Aerodynamic finden sich viele Zitate der Stromlinie (bronzefarben PVD-beschichtetes Titangehäuse, 6449 Euro). Rechts: Robot Graphic Sutnar in der bronzefarbenen Edition (3592 Euro). Die nach dem Designer Ladislav Sutnar benannte Uhr ist auch in vielen anderen Farben erhältlich.

Robot- Der erste Tschechische Exportschlager

Auch der einprägsame Markenname Robot reflektiert ein Stück tschechische Geschichte – Literaturgeschichte, um genau zu sein. Der Schriftsteller Karel Čapek verwendete den Begriff 1920 in dem Theaterstück R.U.R. (Rossumovi Univerzální Roboti) und beschrieb mit ihm Androiden, die von Menschen geschaffen wurden, um ihnen zu dienen. «Rossums Universal-Roboter» prägten das Science-Fiction-Genre nachhaltig, und als eines der wenigen Wörter der tschechischen Sprache schaffte «Robot» den Sprung in den universellen Wortschatz.

Robot CEO
Robot-CEO Josef Zajíček ist in der Autobranche zu Hause.

Der Markenname ist überdies treffend gewählt, denn er knüpft an die reiche Geschichte der böhmischen Industriekultur an und lässt doch Raum für eigenständige, mitunter zukunftsweisende Designs.

Die Uhren werden in den Ateliers in Nové Město montiert, teilweise finissiert und mit eigenen, selbst gefertigten Bauteilen modifiziert. Die Uhrwerke kommen von Eterna und La Joux-Perret, und auch die Gehäuse werden (noch) aus der Schweiz bezogen, weil Josef Zajíček sehr hohe Qualitätsansprüche hat. Bei Zeigern und Zifferblättern vertraut er auf tschechische Spezialfirmen, weil die ausgefallenen Designs eine enge Kooperation mit dem Lieferanten «auf dem kurzen Dienstweg» voraussetzen. Auch die hochwertigen Uhrenarmbänder werden individuell in Tschechien genäht und mit dem Robot-Logo versehen.

Robot Minor Chronograph
Limitierte Edition des Minor Chronograph zu Ehren der Formel-1-Legende Emerson Fittipaldi mit dessen Unterschrift auf dem Zifferblatt (5633 Euro).

Tschechisches Design

Das markanteste Modell der aktuellen Kollektion ist sicherlich die Aerodynamic, deren Zifferblatt mit stilisierten Entlüftungsschlitzen wie in einer Motorhaube versehen ist. Auch die tropfenförmigen Zeiger spielen auf die Stromlinienform an, mit der die tschechischen Sportwagen der Marken Tatra oder Aero in den 1930er Jahren brillierten. Das Uhrwerk der Aerodynamic ist ein LJP Kaliber 7513 mit Kleiner Sekunde, Fensterdatum und Gangreserveanzeige mit Zeiger.

Die beiden auf jeweils 100 Exemplare limitierten Editions-Chronographen aus der Linie Minor – benannt nach einem kleinen Aero-Rennwagen, der 1949 in Le Mans einen Klassensieg errang – spielen ebenfalls mit automobilen Attributen. Insbesondere die filigran durchbrochenen Zifferblätter wecken Erinnerungen an Kühlschlitze und gewähren dem Betrachter bei jedem Blick auf die Uhrzeit Einsicht in das technische Innenleben, in beiden Fällen ein LJP Kaliber 8120. Die Version im schwarz beschichteten Titangehäuse ist der brasilianischen Formel-1-Legende Emerson Fittipaldi gewidmet und trägt dessen Unterschrift auf dem Zifferblatt.

Robot Aplos
Das Zifferblatt der Aplos trägt unzählige kleine Robot-Logos (2368 Euro).

Auch im Einstiegs-Preissegment ermöglicht die Kompetenz und Flexibilität des Zifferblattherstellers den Robot-Uhren ein eigenständiges «Gesicht». Das Modell Graphic Sutnar – so benannt nach dem Design-Avantgardisten Ladislav Sutnar – mit Eterna Automatikkaliber 3909A trägt ein galvanoplastisch erzeugtes Zifferblatt mit feinster Reliefstruktur an der Minuterie. Und das Zifferblatt des Modells Aplos ist mit den Umrissen unzähliger Robot-Logos geprägt, die der nüchtern und schlicht (griechisch: «aplos») gezeichneten Uhr eine Raffinesse auf den zweiten Blick verleihen. Der vom tschechischen Marvil Studio in elf Farben konzipierte Zeitmesser verwendet als Uhrwerk das neue La Joux-Perret G100 Automatic mit 68 Stunden Gangreserve.

Kostbarer Geheimtipp

Das Preisniveau der Robot-Uhren ist aufgrund der gebotenen Design- und Verarbeitungsqualität sowie der geringen Produktionsstückzahlen recht hoch. Das Modell Aerodynamic kostet über 6000 Euro, die beiden limitierten Minor Chronographen knapp darunter, der normale Minor Chronograph unter 5000 Euro und das Modell Graphic mit dem interessanten Eterna-Automatikwerk um die 3500 Euro. Große Hoffnungen liegen daher auf der Aplos, die mit 2300 Euro den Einstieg in die Welt von Robot ermöglicht.

robot showroom
Der sehr stylish eingerichtete Showroom auf der Flaniermeile Maiselova in der Prager Altstadt.

Ein Fenster zur Welt unterhält Robot durch einen sehr stylish eingerichteten Showroom in der eleganten Prager Altstadt, wo neben den Uhren auch eine Reihe schön designter Accessoires und Schreibutensilien mit dem Robot-Logo angeboten werden.

Text: Peter Braun


Weitere Portraits


Portrait BA111OD
Portrait der Uhrenmarke Czapek
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