Uhren & Autos: JunghansKopfüber in die Siebziger
Die Schwarzwälder Uhrenmarke hat eine lange und teilweise recht spektakuläre automobile Vergangenheit. Hier kommen die Youngtimer auf ihre Kosten.
Ein Name, bei dessen Lesen man erstmalig stolpert, der dann aber flüssig über die Lippen geht: Czapek – gesprochen «Tschapek». Bis vor einigen Jahren war er nur bewanderten Uhrenliebhabern bekannt, nun aber zieht er weitere Kreise.
Kenner wissen um eine frühe Verbindung mit Patek Philippe: Der tschechisch-polnische Uhrmacher Franciszek – später François – Czapek hatte nach seiner Flucht aus seiner böhmischen Heimat in die Schweiz eine Uhrenfirma eröffnet und sich 1839 mit seinem Landsmann Antoine Norbert de Patek zusammengetan. Die beiden Männer gründeten die Firma Patek, Czapek & Cie. in Genf und schufen innerhalb von sechs Jahren einige außergewöhnliche Taschenuhren.
Dann aber trennten sich ihre Wege. Patek ging mit seinem Kollegen Jean Adrien Philippe eine Partnerschaft ein und benannte das Unternehmen ab 1851 in Patek, Philippe & Cie. um.
François Czapek gründete die Firma Czapek & Cie. und machte eine steile Karriere. Er wurde zum Lieferanten des französischen Königshofes, unterhielt Niederlassungen in Genf, Warschau und am Place Vendôme in Paris. Doch die Geschichte endete abrupt: 1869 verschwand Czapek spurlos, die Firma wurde aus den Registern gelöscht. Der Verbleib des Uhrmachers ist bis heute ungeklärt, sein Name geriet in Vergessenheit.
Vor einigen Jahren traten einige Männer an, sein Erbe neu zu beleben: der Kunsthändler Harry Guhl, der Uhrenexperte Xavier de Roquemaurel, der Uhrmacher Sébastien Follonier sowie Patrick Czapek, ein Nachfahre der polnischen Familie.
Die Initiative ging von Harry Guhl aus, der die Marke Czapek 2008 registrieren ließ. Nach erfolgreichem Crowdfunding startete er die Marke Czapek & Cie. 2015 gemeinsam mit seinen Partnern und präsentierte die ersten Modelle, die sich an Czapeks historische Taschenuhren anlehnen.
Das stieß auf wohlwollende Aufmerksamkeit: 2016 erhielt das Premierenmodell Quai des Bergues den Publikumspreis des Grand Prix d’Horlogerie de Genève (GPHG). Dieses Modell ist von einer Taschenuhr aus dem Jahr 1850 inspiriert, die Stil und Werte des Urvaters in Bezug auf klare Ästhetik und elegante Typografie perfekt verkörperte.
Die neuzeitliche Interpretation besitzt allerhand klassische Attribute: In einem 42,5 Millimeter großen Roségoldgehäuse ist ein weißes Emaille-Zifferblatt untergebracht, darunter arbeitet das Handaufzugskaliber SXH1, das Czapek in Zusammenarbeit mit Konstrukteur Jean-François Mojon entwickelt hat, der mit seiner Firma Chronode in Le Locle auch komplette Serien von Werken und Modulen produzieren kann. Dank zweier Federhäuser, kombiniert mit einer Frequenz von 21.600 Halbschwingungen pro Stunde, kommt das Handaufzugswerk auf eine Gangreserve von 169 Stunden, also stolze sieben Tage.
Die freimütige Kommunikation über die Zusammenarbeit mit Zulieferern ist Politik der Marke: «Wir nennen dieses Konzept ‹horizontale Manufaktur› oder auch ‹Etablissage› und folgen damit dem ursprünglichen Prinzip der Schweizer Uhrmacherei », erklärt CEO de Roquemaurel. Derzeit sind zehn Mitarbeiter für die Uhrenmarke tätig, zwei davon Uhrmacher, die in den eigenen Ateliers in Le Locle die zugelieferten Komponenten verbauen und die Uhren fertigstellen.
Die Kollektion wird stetig weiterentwickelt: 2017 lancierte Czapek die zweite Linie Place Vendôme, eine Handaufzugsuhr mit Tourbillon und der Anzeige einer zweiten Zeitzone. Auch dieses Uhrwerk, das Kaliber SXH2, stammt von Chronode.
2018 folgte der Chronograph «Faubourg de Cracovie», der sich in der Redaktion als klassisch gestaltetes Modell mit sauber proportionierten 41,5 mm Durchmesser vorstellt. Dessen Automatikwerk SXH3 mit integrierter Chronographenfunktion stammt von Vaucher und ist mit Schaltradsteuerung und vertikaler Kupplung ausgestattet.
Der nächste Schritt
Die nächste Neuheit kommt im Sommer 2020: Czapek stellt mit dem Kaliber SXH5 ein eigenes Automatikwerk mit Mikrorotor vor. Neben modernen Konstruktionsdetails betont man die Verbundenheit zur klassischen Uhrmacherkunst des 19. Jahrhunderts.
All das ist ganz im Sinne von François Czapek, darüber sind sich die heutigen Firmeninhaber einig. Seinem Erbe wollen sie auch weiterhin treu bleiben, wie Xavier de Roquemaurel verrät: «Unsere Vision ist es, dem Stil des Gründers und seiner Suche nach zeitloser Schönheit treu zu bleiben. Aus diesem Grunde reservieren wir in unseren Kreativ-Meetings immer einen freien Platz für François Czapek, so als ob er noch immer bei uns wäre.»
Text: Iris Wimmer-Olbort
Ein Blick auf die Kollektion von Czapek
Die jüngste Neuheit von Czapek: Antarctique