Ulysse Nardin Diver AIRLeicht wie Luft
Angekündigt hat Ulysse Nardin die neue Diver [AIR] als leichteste mechanische Taucheruhr der Welt.
Bei den Neuheiten der laufenden Saison sind mir besonders häufig Uhren mit Weltzeitanzeige oder GMT-Funktion begegnet: Reiseuhren erfreuen sich offenbar größter Beliebtheit. Die vier folgenden Modelle stechen für mich aufgrund ihrer kreativen oder aufwendigen Konzeption hervor.
Ausgewählt von Tobias Schaefer
Die Patek Philippe Referenz 5326G hatte sofort eine gefällige Retro-Wirkung auf mich, denn das Modell kommt sehr klassisch daher – schon allein wegen der Mondphasenanzeige und des klassischen Calatrava-Gehäuses mit durchgängig guillochierten Flanken.
Patek Philippe kombiniert darin erstmals einen Jahreskalender mit dem «Travel Time»-Mechanismus, der dem Ganzen eine zweite Zeitzone inklusive Tag-/Nachtanzeige hinzufügt. Die Entwickler des etwas sperrig «31-260 PS QA LU FUS 24H» bezeichneten Kalibers mussten verschiedene Probleme lösen, die sich aus der Kombination der komplexen Module ergeben, und entwickelten ein neues Manufakturkaliber, das ganze acht Patente auf sich vereint. Fliegt man bspw. über die Datumsgrenze hinweg, kann es passieren, dass in der Heimat bereits Datum, Wochentag und Monat umgesprungen sind, dies aber noch nicht für den Zielort gilt. Bei der 5326G muss sich der Träger dabei keine allzu großen Gedanken machen: Durch Verstellen der Lokalzeit über die Krone werden alle anderen Parameter automatisch korrigiert – auch rückwärts. Das ist bei einem so komplizierten Uhrwerk alles andere als selbstverständlich.
Das körnig strukturierte Zifferblatt der weißgoldenen 41-mm-Uhr soll an die Gehäuse von alten Kameras erinnern. Die aufgesetzten Ziffern und Zeiger sind mit gelblichem Leuchtmittel belegt. Es mag etwas paradox klingen, aber in meinen Augen ist der Retro-Charme bei der 5326G so ausgeprägt, dass die Uhr schon wieder modern wirkt. Das Modell am Lederband mit Faltschließe kostet 68.210 Euro.
Wo Patek Philippe mit der Fülle von Informationen auf dem Zifferblatt punktet, hat mich Parmigiani Fleurier genau mit dem Gegenteil überzeugt. Die Tonda PF GMT Rattrapante setzt ganz auf die Zeitanzeige und sieht auf den ersten Blick wie eine normale Zweizeigeruhr aus. Kennern fallen jedoch die beiden Drücker am Gehäuse bei der «8» sowie in der Krone auf: Betätigt man den linken, bewegt sich der weißgoldene Stundenzeiger um einen Schritt im Uhrzeigersinn und gibt den Blick auf einen zweiten, roségoldenen Zeiger frei. Der Hauptstundenzeiger kann auf diese Weise an die Ortszeit angepasst werden, während der zweite Zeiger stets die Heimatzeit anzeigt. Betätigt man den Kronendrücker, stellt eine Art Chronographenherz den Hauptstundenzeiger auf dem kürzesten Weg zurück und verdeckt den Zweitzeiger. Der Begriff «Rattrapante» (von frz. rattraper: einholen) im Namen der Tonda PF GMT wird eigentlich für Schleppzeiger-Chronographen verwendet, welche die Messung von Zwischenzeiten ermöglichen. Es gab deswegen auch schon Kritik zu hören – der Begriff sei in der Uhrmacherei klar definiert und würde in diesem Kontext zur Verwirrung führen. In meinen Augen passt «Rattrapante» als Funktionsbeschreibung bei diesem Modell aber ziemlich genau. Das automatische Uhrwerk PF051 ist mit einem Mikrorotor ausgestattet und in das markante Tonda-PF-Gehäuse aus Edelstahl mit Platinlünette eingeschalt. Preislich liegt der Zeitzonen-Schleppzeiger mit 40 mm Durchmesser bei 26.000 Euro.
Auch mit einem Drücker, aber eben doch ganz anders arbeitet die neue Breguet Marine Hora Mundi, deren Zifferblatt unsere Erde stilisiert. Die Landmasse wird dabei von einer Saphirglasscheibe über einer guillochierten Grundplatte mit Wellenmuster gehalten. Sofort ins Auge springt die Städteanzeige auf der 6-Uhr-Position, die sich per herausziehbarer Zweitkrone an der linken Gehäuseseite auf die korrespondierende Stadt der Heimatzeit einstellen lässt. Die Uhrzeit kann daraufhin ganz normal über die Krone justiert werden und bildet die Grundlage für den Wow-Effekt der Hora Mundi: Drückt man die Krone bei der «8», die gleichzeitig als Drücker funktioniert, springt die Städte- und Stundenanzeige auf eine andere Zeitzone um, die ebenfalls kinderleicht angepasst werden kann. Danach kann nach Belieben per Knopfdruck zwischen den beiden Zeitzonen hin und her gewechselt werden, wobei auch der Stundenzeiger umspringt.
Ergänzt wird die Funktionalität durch eine ebenfalls umspringende Datumsanzeige auf der 12-Uhr-Position und eine Tag-/Nachtanzeige bei der «4», die auf zwei handgefertigten Scheiben entweder die Sonne oder den Mond zeigt. Möglich ist all das durch das Manufakturkaliber 77F1 mit Siliziumspirale und Automatikaufzug. Das patentierte Kaliber feierte 2011 seine Premiere in der Classique Ref. 5717, passt meiner Meinung nach mit seiner Funktion jedoch viel besser zum Marine-Gehäuse mit 10 bar Wasserdichtheit. Die neue Referenz 5557 misst 43,9 mm im Durchmesser und 13,8 mm in der Höhe. Mit Kautschukband und Gehäuse aus Weiß- oder Roségold ist sie ab 73.700 Euro erhältlich.
Ludwig Oechslin, unsere Uhren-Persönlichkeit des Jahres, entwickelte für Ulysse Nardin innovative Uhrwerktechnik, darunter auch den Mechanismus der Blast Moonstruck, deren Zifferblatt die Umlaufbahnen und Bewegungen von Mond und Sonne aus geozentrischer Perspektive zeigt.
Die Komplikation ermöglicht das Ablesen interessanter Zusammenhänge. So etwa eine Gezeiten-Indikation, die mit der Umlaufbahn des Mondes einhergeht, oder eine Weltzeitanzeige, die sich aus der Erdrotation ergibt. Als Weltraum-Nerd war ich zuerst etwas irritiert über das bereits von Kopernikus widerlegte Weltbild der Blast Moonstruck, doch Oechslins Begründung für die Entscheidung hat mich überzeugt: Diese Vereinfachung machte es überhaupt erst möglich, ein Zifferblatt zu kreieren, das auch für Laien «ohne astronomisches Vorwissen» ablesbar ist.
Um die Weltzeit einzustellen, wird zuerst die Koordinierte Weltzeit (UTC) eingestellt, die zwei Stunden hinter unserer Mitteleuropäischen Sommerzeit (MESZ) liegt. Daraufhin kann die aktuelle Lokalzeit schrittweise über zwei Drücker bei der «10» und bei der «8» eingestellt werden. Das 24-Stunden-Format lässt sich auf der rotierenden Positionsanzeige der Sonne und dem feststehenden Städtering ganz außen ablesen.
Die Blast Moonstruck ist technisch zweifellos noch komplizierter als beim Ablesen, aber wenn man die Anzeigen einmal verstanden hat, ist das Layout durchaus intuitiv. Mit einem Gehäuse aus Keramik und Titan-Elementen, das 45 mm im Durchmesser misst, wird die Blast Moonstruck für 71.300 Euro angeboten.
Teil 2: Die schönsten Chronographen