Ressence Neuheiten 2025Sportlicher Reisebegleiter
Ressence stellt auf der diesjährigen Watches & Wonders die neue Ressence Type 7 vor.
In den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts waren die Qualitätsmaßstäbe der Uhrmacherei ganz leicht zu erkennen: Je dünner, desto besser, das heißt: hochwertiger. Zu den Pionieren der besonders flachen Armbanduhren zählte die 1874 gegründete Manufaktur Piaget in La Côteaux-Fées, die bis in die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts eigentlich nur Uhrwerke für die Genfer Nobelmarken herstellte. Valentin Piaget, einer der Enkel des Gründers, hatte die glorreiche Idee, die eigenen Uhren mit einer Art Kopierschutz auszustatten – indem er sie von vornherein derart flach konzipierte, dass sie kein Mitbewerber so einfach nachbauen konnte. Vor zehn Jahren griff Piaget diese Tradition wieder auf und sicherte sich – für kurze Zeit – wieder einen Rekord für das flachste Uhrwerk, wie ab Seite 42 nachzulesen ist. Die moderne Altiplano Ultimate zählt technisch wie stilistisch zur Avantgarde wie vor siebzig Jahren schon die Ur-Altiplano, die heute zu den ganz großen Klassikern des Genres «Dress Watches» zählt.
Auch Patek Philippe engagierte sich in den 1960er und 1970er Jahren auf dem Gebiet der extraflachen Uhrwerke und legte das Mikrorotor-Kaliber 240 auf, das mit einer Bauhöhe von 2,53 mm so bemerkenswerte Designobjekte wie die Ellipse d'Or ermöglichte und der Calatrava zu einem schlanken Erscheinungsbild verhalf – trotz Automatikaufzug.
Breguet, die Marke des wohl einflussreichsten Uhrmachers aller Zeiten, feiert dieses Jahr ihren 250. Geburtstag. Die Frühzeit der Armbanduhr haben die Nachfahren von Abraham-Louis Breguet verschlafen, doch seit der Übernahme durch die Swatch Group hat sich Breguet zu einer äußerst vielseitigen Luxus-Manufaktur entwickelt, die auch das Thema «extraflach» gekonnt behandelt. Zum Beispiel mit der Classique 7147, die mit einem hochinteressanten Automatikwerk mit exzentrischem «Dreiviertelrotor» (Kaliber 502) aufwarten kann und in der hier gezeigten Ausführung ein hinreißend schlichtes Emaille-Zifferblatt trägt.
Die Marke Chopard mag bereits 1860 gegründet worden sein, doch die Tugenden, für die wir sie heute lieben, wurden ihr von Karl-Friedrich Scheufele mitgegeben, der die sterbende Schönheit 1996 mit neuem Leben erfüllte. Mit einem feinen Gespür für die Schweizer Uhrmacherei, das man einem Schwaben nicht so ohne Weiteres zugetraut hätte, erschuf er unter dem Signet L.U.C (den Initialen des Markengründers Louis-Ulysse Chopard) zeitlose Klassiker von anmutiger Gestalt und eleganten Dimensionen. Das hier abgebildete Modell XPS ist mit einem Mikrorotor-Automatikwerk mit zwei Federhäusern ausgestattet.
Auch die im Jahr 1994 wiedergegründete Traditionsuhrenmarke A. Lange & Söhne fühlte sich von Anfang an allen sächsischen Eigenheiten zum Trotz dem Ehrenkodex der Schweizer Luxusuhren verpflichtet und gestaltete die Saxonia Thin nach bewährten Vorbildern. Ihren besonderen Reiz bezieht die nur 5,9 mm hohe Uhr indes von dem Handaufzugskaliber L093.1 (2,9 mm) mit stilechter Glashütter Dreiviertelplatine.
In einer Uhrenwelt, in der nun wirklich schon alles erdacht ist und alle sinnvollen Anzeigen und Komplikationen schon einmal gemacht wurden, muss man sich eine technische oder gestalterische Besonderheit ausdenken, um die verwöhnten Uhrenfreunde hinter dem Ofen hervorzulocken.
Vor gut zehn Jahren überrumpelte Bulgari die Uhrenwelt mit der kantigen und außergewöhnlich großen Octo Finissimo – zumindest in Anbetracht der damals rekordverdächtig geringen Bauhöhe von 5,15 mm (inklusive Glasboden). Designer Fabrizio Buonamassa, selbst ein groß gewachsener Mann, präsentierte die augenscheinlich papierdünne Uhr mit ebenso dünnem Gliederband selbstbewusst: «So etwas können nur wir, weil wir nicht nur unsere eigenen Uhrwerke, sondern auch unsere eigenen Zifferblätter, Gehäuse und Gliederbänder machen.» In der folgenden Dekade entwickelte Bulgari das Konzept immer weiter und sicherte sich Weltrekorde im Jahresrhythmus. Dabei handelte es sich aber immer um Serienmodelle, keine Designstudien oder Einzelstücke!
Richard Mille hat unlängst eine extraflache Uhr lanciert, die von ihrer reinen Papierform her keine rekordverdächtigen Dimensionen aufweist. Das Automatikkaliber CRM A9 ist immerhin 4,12 mm hoch, was viele Standardkaliber für Dreizeigeruhren sogar noch unterbieten. Auch ist die gesamte Uhr RM 16-02 von Glas zu Glas 9,5 mm hoch, was sie gerade noch als «extraflach» qualifiziert. Die entscheidenden Punkte sind hier vielmehr die Gestaltung des Zeitmessers als Rechteckuhr mit maskulinen Abmessungen und die Ausführung des komplett skelettierten Uhrwerks in einem nie zuvor gesehenen streng rechtwinkligen Muster. Der konventionell mittig gelagerte Aufzugsrotor bringt mit seinen abgeschrägten Flanken die ganze Optik durcheinander.
Ebenfalls einen Platz in der Avantgarde verdient die deutsche Marke Jean Marcel, die sich bereits in der Vergangenheit immer wieder zu flachen und extraflachen Armbanduhren bekannt hat. Das jüngste Modell Stealth macht sich mit seinem schwarz DLC-beschichteten Gehäuse noch flacher, als es ohnehin schon ist – dabei fungiert ein konventionelles ETA Kaliber 2892A2 als Antrieb, fein finissiert und reguliert. Trotz des Umbaus auf ein Zeigerdatum ist es nur 3,6 mm hoch, und durch gschicktes Packaging konnte Jean Marcel die Gehäusehöhe auf 7,4 mm begrenzen – inklusive Glasboden, der ja immer etwas mehr aufträgt als bspw. ein gedrückter Stahlboden. Und schließlich liefert die Stealth den Beweis, dass Avantgarde nicht automatisch unbezahlbar teuer sein muss.
Einen ganz eigenen Weg zur flachen Armbanduhr beschreitet die belgische Marke Ressence, die mit ihrem Zeigersystem aus scheinbar frei umeinander rotierenden Scheiben mit Ziffern und Indexen das gelernte Zeitablese-Muster auf die Probe stellt. Letztlich erhält das System die charakteristischen Zeigerwinkel, auch wenn diese keine gemeinsame Achse haben. Das neueste Modell Type 9 fand durch die Beschränkung auf eine große Minutenscheibe mit Indexstrich und einer mitwandernden kleinen Stundenscheibe (mit Indexstrich und Stundenmarkern) zu einer flachen Gehäuseform, die durch das stark gewölbte Saphirglas effektvoll unterstützt wird. Der Stunden-Satellit steht bei seinem Weg um das Zifferblatt stets senkrecht, und so lässt sich die Stellung seines Zeigers auf einen Blick erfassen.
Text: Peter Braun