Junghans FORMGut in Form
Ein Hirschkopf mit Geweih ziert die neuen Form-Modelle von Junghans – eine Hommage an den traditionellen Firmenstandort im Schwarzwald und seine Uhren.
Ganz ohne Einbußen ist auch Junghans nicht durch die Konjunkturflaute der Uhrenbranche im vergangenen Jahr gesegelt. Das freut Geschäftsführer Matthias Stotz natürlich keineswegs, andererseits sieht er aber auch keinen Grund zur Panik.
«Immerhin schreiben wir seit 2009 kontinuierlich schwarze Zahlen», berichtet Stotz, der vor genau zehn Jahren in die Führung von Junghans eingestiegen ist. In schweren Zeiten, denn schon ein Jahr später musste das Unternehmen Insolvenz anmelden, weil auch die damalige Eigentümerin Egana Goldpfeil insolvent wurde.
So konnte sich der Uhrmachermeister, Tourbillonbauer und Absolvent der Feintechnikschule Schwenningen nicht mehr primär dem Produkt und der Fertigung widmen, sondern musste das Unternehmen durch die Insolvenz führen: «Da wurde ich vom Uhrmacher auf einmal zum Krisenkommunikator.»
Die Fortsetzung des Geschäftsbetriebs gelang, wie eifrige ARMBANDUHREN-Leser wissen, dank des finanziellen Engagements der Schramberger Unternehmer Dr. Hans-Jochem Steim und seines Sohnes Hannes Steim, die im Jahr 2009 die Junghans GmbH übernahmen und Stotz das nötige Vertrauen schenkten.
Der zahlte den Vorschuss mit einer gelungenen Modell- und Preispolitik zurück. Als Meilenstein nennt Stotz selbst die Wiedereinführung der Modellinie Meister. Bis in die 1960er Jahre, als Junghans einer der führenden Chronometerhersteller war, hießen die besten Junghans-Uhren Meister. Im Jubiläumsjahr 2011, als Junghans sein 150-jähriges Bestehen feierte, war der richtige Zeitpunkt gekommen, um diese Linie neu zu lancieren.
Mit Erfolg, wie Matthias Stotz feststellt: «Die Meister-Modelle repräsentieren die Identität der Marke Junghans sehr gut.»
Das klassische Design findet nicht nur Anklang bei der Kundschaft, sondern leider auch bei Nachahmern. Die chinesische Uhrenmarke Seagull kopierte das Modell Meister Classic praktisch eins zu eins und druckte dann ihr eigenes Logo aufs Zifferblatt. Das löste in Schramberg gemischte Gefühle aus. Einerseits meinte Eigentümer Dr. Steim, wenn man mal kopiert werde, habe man es geschafft. Doch auf der anderen Seite musste das Unternehmen sein eigenes Design schützen, was auf juristischer Ebene auch gelang.
Die Meister-Linie ist seither kontinuierlich gewachsen, erst in diesem Jahr sind wieder markante Neuheiten hinzugekommen.
Ein echtes Schmuckstück ist beispielsweise die neue Meister Pilot DLC. Dabei handelt es sich um eine Variante der Fliegeruhr, die 2015 als limitierte Edition vorgestellt und 2016 als Serienmodell in die Kollektion aufgenommen wurde. Die Neue ist technisch identisch, bekommt aber ein DLC-beschichtetes Gehäuse, das je nach Lichteinstrahlung schwarz bis anthrazitfarben erscheint, was wiederum gut zum braunen Rindlederband in Antik-Optik passt. Mit 2440 Euro gehört sie bei Junghans schon zu den teureren Modellen, doch ist der Aufpreis von 200 Euro gegenüber dem Edelstahlmodell gerechtfertigt. Die DLC-Beschichtung ist nicht nur schick, sondern sie schützt auch das Gehäuse vor Kratzern.
Im Herbst erhält die Meister-Linie Zuwachs in Form des Meister Chronoscope Saphir. Wie der Name schon sagt, wird hier das sonst übliche Plexiglas durch ein aufwendig gefertigtes, topfförmiges Saphirglas ersetzt.
Dieses Modell ist limitiert: Es werden 200 Exemplare in Edelstahl sowie weitere 100 in einem Stahlgehäuse mit goldener PVD-Beschichtung angeboten. Die Preise beginnen voraussichtlich bei knapp unter 2000 Euro.
Die Inhaberfamilie Steim liebt klassische Automobile und zeigt ihre Sammlung auch gern der Öffentlichkeit in Schramberg sowie bei Junghans-Events.
Nahezu zwangsläufig dienten einige der Sammlungsfahrzeuge – genauer gesagt deren Tachometer – als Inspirationen für neue Uhren, die auf den Namen Meister Driver hören. Neu hinzugekommen sind hier die Modelle Meister Driver Automatic (1090 Euro) und Day Date (1290 Euro). Letztere nimmt die Idee des Autotachos besonders gut auf: Sie verfügt über zwei rechteckige eingerahmte Fenster, die bei einem Tachometer die Gesamt- und Tageskilometeranzeige sein könnten. Bei der Uhr wird nun oben der Wochentag und unten das Datum angezeigt. Das Thema Auto wird aber auch auf der Marketingschiene gespielt: Junghans ist offizieller Zeitnehmer des Oldtimer-Grand-Prix auf dem Nürburgring.
Ein Dauerbrenner in der Junghans-Kollektion ist die Linie Max Bill, die fraglos als Design-Ikone gelten darf.
Dieser stellen die Schwarzwälder nun die Modellreihe Form an die Seite, die ebenso Design-affine Menschen ansprechen soll, aber etwas günstiger ist. Das Modell Form A – der Buchstabe steht für Automatik – steht mit 840 Euro in der Preisliste und ist damit eine der wenigen mechanischen Markenuhren, die unter der 1000-Euro-Schwelle bleiben. Dabei tritt die Uhr mit ihrem linsenförmigen Edelstahlgehäuse und den verschiedenen fein gezeichneten Zifferblättern mehr als ansehnlich auf. Der Sichtboden ist grau eingefärbt, was die Eleganz dieser Uhr unterstreicht.Ergänzt wird diese Linie nun durch die Form C, einen Chronographen mit Ronda-Quarzwerk.
Ein weiterer Meilenstein für Junghans soll die Eröffnung eines Uhrenmuseums im denkmalgeschützten Terrassenbau werden. Dieser ging mit der Übernahme der Firma Junghans an die Familie Steim über.
«Zur Einrichtung einer modernen Uhrenproduktion ist er aber weniger geeignet», urteilt Matthias Stotz. Allein schon die Anordnung über mehrere Etagen ohne Aufzug spricht dagegen. Außerdem dürfen aus Denkmalschutzgründen die Fenster nicht ausgetauscht werden. «Dort kann man keine Reinräume einrichten», ergänzt der Geschäftsführer.
Dennoch wird der Bau gerade umfangreich renoviert, ganz nach dem Wunsch des Eigentümers Dr. Steim, der dieses Kleinod an der Schramberger Geißhalde erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich machen will.
Hier soll im Frühjahr des kommenden Jahres ein Uhrenmuseum eröffnen, das neben der Junghans-Sammlung, die allein rund 7000 Exponate umfasst, auch Großuhren und historische Automaten zeigen wird. Dazu hat der Museumseigentümer die Sammlung Engelmann erworben, die gemeinsam mit der Junghans-Sammlung einen guten Überblick über die Geschichte des Uhrenbaus bieten kann.
Das Konzept dafür hat das international renommierte Stuttgarter Atelier Brückner erstellt, das unter vielen anderen Projekten das BMW-Museum entwickelte. Im Zusammenspiel mit der neuen Junghans-Kantine, die auch als Vortragssaal genutzt werden kann, soll hier ein attraktives Veranstaltungszentrum entstehen.
Und was bringt die Zukunft sonst noch? «Unser nächster Meilenstein wird auf jeden Fall die Kollektion betreffen», verrät Matthias Stotz. Auf weitere Nachfragen hat er aber nicht mehr als ein vielsagendes Lächeln parat.
Text und Bilder: Martin Häußermann
TEIL 1: Südschwarzwald – von Hanhart bis Lehmann und Jacques Etoile
TEIL 3: Nordschwarzwald und rund um Pforzheim
Askania – die Berliner Uhrenmarke
D. Dornblüth & Sohn aus Kalbe/Milde
Junghans Museum im Terrassenbau
Manufakturbesuch bei Lehmann Präzisionsuhren