Uhren & Autos: Porsche Design50 Jahre Turbo
Die Uhrenmarke trägt einen großen Namen und erweist sich als würdige Bewahrerin des gestalterischen Erbes von Professor F. A. Porsche.
Winter 1968/1969: Bereits seit einigen Jahren arbeiten die Uhrenfirmen Heuer und Breitling gemeinsam mit den Werkeherstellern Büren und Dubois-Dépraz heimlich an einem Chronographenwerk mit automatischem Aufzug. Auch bei Zenith gibt es ein derartiges Geheimprojekt. Keiner weiß vom anderen, geschweige denn, dass im fernen Japan ein weiterer Teilnehmer in diesen inoffiziellen Wettstreit eingetreten ist: Seiko hat 1967 mit der Arbeit an einem Automatik- Chronographen mit anspruchsvollen Details begonnen.
Zunächst hat die Schweizer Konkurrenz die Nase vorn: Zenith verkündet im Januar 1969 die erfolgreiche Konstruktion des ersten Automatik-Chronographen El Primero. Fast gleichzeitig gelangt das Kaliber 11 von Breitling und Heuer, gemeinsam mit Büren und Dubois-Dépraz entwickelt, zur Serienreife. Die Beteiligten stellen das Kaliber 11 im März 1969 der Öffentlichkeit vor und zeigen kurz danach bei der Basler Messe gleich mehrere neue Chronographen-Kollektionen. Von Seikos Ambitionen ahnt zu dieser Zeit in der Schweizer Uhrenindustrie niemand etwas.
Dabei ist das Kaliber 6139 bereits vollendet und erlebt ebenfalls noch 1969 seine Premiere in dem Modell Seiko 5 Sports Speed-Timer. Das Uhrwerk hat eine integrierte Chronographenfunktion und ist mit einem Zentralrotor ausgestattet. Nach Angaben von Seiko misst es im Durchmesser 27,4 Millimeter und ist 6,5 Millimeter hoch. Das Werk arbeitet mit der damals gängigen Frequenz von 21.600 Halbschwingungen pro Stunde und bietet ebenfalls übliche 36 Stunden Gangautonomie. Der Chronographenmechanismus verfügt über eine vertikale Kupplung und wird über ein klassisches Schaltrad gesteuert.
Eine Besonderheit des Kalibers ist die Weitergabe der Aufzugskraft vom Zentralrotor zum Federhausgetriebe. Diese erfolgt anhand des sogenannten «Magic Lever»: Der «magische Hebel» ist ein Exzenterwechsler, der für eine effiziente Nutzung der Rotorbewegung sorgt.
In Bezug auf seine Funktionen bietet das Kaliber 6139 ebenfalls eigene Charakteristiken. So zeigt es zusätzlich zu Stunde und Minute in Fenstern Tag und Datum an; diese stehen bei der «3» und können durch Druck auf die Krone schnellverstellt werden. Eine permanente Sekunde fehlt auf dem Zifferblatt: Der Sekundenzeiger aus der Mitte dient als Stoppsekunde. Darüber hinaus zählt der Chronograph die Minuten auf einem Hilfszifferblatt bei der «6».
Die Geschichte des Kalibers 6139 bei Seiko geht weiter: Schon 1970 folgt eine Variante, die kurioserweise eine niedrigere Kaliberbezeichnung erhält und 6138 heißt. Sie verfügt zusätzlich über einen 12-Stunden- Chronographenzähler in einem Hilfszifferblatt bei der «12».
Beide Uhrwerke werden bis Ende der 1970er Jahre von Seiko hergestellt. In dieser Zeit entstehen auch legendäre Modelle. Das bekannteste ist der Chronograph «Pogue», benannt nach dem US-Astronauten William Reid Pogue. Dieser nimmt seinen persönlichen Seiko-Chronographen mit dem Kaliber 6139 und einem auffälligen gelben Zifferblatt mit an Bord der Skylab-4-Mission, die im November 1973 startet. Damit wird die Uhr von Seiko der erste Automatik-Chronograph im All.
Seiko feiert das 50-Jährige seines Automatikchronographen eher dezent: Es gibt ein Sondermodell in der Linie Prospex, das einen gepflegen Vintage-Stil verkörpert. Der Prospex Automatic Chronograph 50th Anniversary ist mit dem modernsten Chronographenwerk der Marke ausgestattet, dem Kaliber 8R48, das es seit 2014 gibt.
Zusätzlich zu vertikaler Kupplung und Säulenrad ist das Uhrwerk mit einer Drei-Punkt-Herzhebelnullstellung ausgestattet. Diese Konstruktion sorgt dafür, dass sich die Zeiger der Stoppuhr absolut synchron auf Null stellen. Optisch erinnert das weiß-schwarze Zifferblatt im «Panda»-Design an die 1960er Jahre. Das Modell ist auf 1000 Stück limitiert und kostet 3700 Euro.
Der damalige Erfolg mit dem Automatik-Chronographen wird aus der Sicht von Seiko wohl von einem anderen Jubiläum in den Hintergrund gedrängt: der Vorstellung der weltweit ersten Quarzuhr Astron im Dezember 1969. Damals stürzen sich die Japaner mit aller Energie auf die zukunftsweisende Quarztechnik und streichen in den 1970er Jahren nach und nach alle mechanischen Uhren aus dem Sortiment.
Eine Strategie, die sich erst in den 1990er Jahren ändern sollte: 1998 stellt Seiko nach 20 Jahren Pause zum ersten Mal wieder ein neues Grand-Seiko-Mechanikkaliber vor und widmet sich seitdem erneut der anspruchsvollen Mechanik.
Text: Iris Wimmer-Olbort
In drei Teilen: Die Geschichte des El Primero von Zenith
TAG Heuer und Breitling: Das legendäre Kaliber 11
Hier geht es zu unserem Quiz rund um das El Primero