Probezeit: Submariner-Lookalikes

Nettuno 3 vs. Nautica Diver

Die Rolex Submariner gilt als die Mutter aller Taucheruhren und ist eines der beliebtesten Modelle mit dem Krönchen. Das ruft Nachahmer auf den Plan. Zwei von der seriösen Sorte sind die Marken Marcello C. und Bethge & Söhne: Sie bauen Uhren, die der Submariner sehr ähnlich sehen, aber nur einen Bruchteil kosten. Wir haben die Marcello C Nettuno 3 und die Bethge & Söhne Nautica Diver unter die Lupe genommen.
Der Kronentubus der Nautica Diver hat ein beruhigend langes Gewinde zum wasserdichten Verschrauben.

Martin Häußermann: Ehrlich gesagt bin ich ja ein großer Freund des Originals und habe schon selbst vor vielen Jahren mit der Anschaffung einer Submariner geliebäugelt. Schließlich ist es – weil ich auch gern und viel reise – eine GMT Master II geworden. Die liegt nun als eine Art Referenz vor mir, als ich die beiden Testuhren auspacke. Und sie erscheint mir spontan als die schlankste der drei Uhren, die alle einen Durchmesser von rund 40 Millimeter aufweisen – ohne Krone gemessen. Was aber eine optische Täuschung ist: Tatsächlich ist die Rolex nur 0,1 Millimeter flacher als die Bethge, die mit einem breiteren Gehäusemittelteil stämmiger daherkommt, dies aber mit einem flachen Schraubboden kompensiert. Die Marcello C ist die wuchtigste der drei Uhren und nochmals 1,5 Millimeter höher als die Bethge. Das ist im Wesentlichen dem vor Magnetfeldern schützenden Weicheisenkäfig geschuldet, über den die Nettuno 3 verfügt. Das kann im Alltag ganz praktisch sein. Dagegen könnte ich auf das Heliumablassventil an der linken Gehäuseflanke gut verzichten: Ich werde in diesem Leben wohl nicht mehr in eine Tauchkapsel steigen.
Wie die Submariner sind auch die Nautica Diver und die Nettuno 3 bis 30 bar druckgeprüft und eignen sich damit tatsächlich auch als Instrumente für Sporttaucher. Meine GMT Master ist nur bis 10 bar geprüft. Deshalb kommt sie auch mit einer deutlich flacheren Krone aus als unsere Testuhren. Optisch eigenständiger gibt sich die Nettuno 3. Ihr Gesicht ist gekennzeichnet durch die ovalen Indexe sowie eine hochwertige Lünette mit Keramikeinsatz. Die Nautica Diver ist hier einfacher gestrickt, kommt aber dem Vorbild näher.
Peter Braun: Sehr gut gefällt mir an der Bethge das stark an frühe Rolex erinnernde Zifferblatt, das in Verbindung mit der relativ schmalen Lünette und dem schräg ausgedrehten Réhaut wirklich sehr authentisch nach sechziger Jahre aussieht. Auch die Typografie der Lünetten-Beschriftung ist so ungelenk wie bei der Submariner der zweiten und dritten Dekade. Apropos Lünette: Sie lässt sich weich, aber mit recht hohem Widerstand verdrehen – natürlich nur gegen den Uhrzeigersinn. Da läuft die Lünette der Marcello C deutlich geschmeidiger, was vielleicht daran liegen mag, dass sie nicht einfach aufgesprengt, sondern mit vier Schrauben «montiert» ist.
Der glänzende Réhaut der Bethge sorgt auch für eine subjektiv deutlich größere Schau als bei der Marcello C, obwohl die Gläser der beiden Uhren fast gleich groß sind
(Ø 30 mm). Die verschraubte Bethge-Krone ist – bei identischem Durchmesser – höher als bei der Marcello C und hat folglich ein längeres Gewinde am Tubus, was ich mal positiv werten will. Der Schraubboden der Nautica Diver trägt neben den Vertiefungen für den Klauenöffner auch einen Zwölfkant und baut insgesamt deutlich flacher als der Boden der Nettuno 3: Zusammen mit der ebenfalls flacheren Lünette summiert sich der Höhenvorteil auf 1,5 Millimeter. Das ist eine Menge.

Tragegefühl

Nettuno-3-Faltschließe mit Überwurf gegen unbeabsichtigtes Öffnen.
Wenn man die Längen-Feinverstellung (vier Löcher) nutzt, faltet sich die Schließenmachanik nicht mehr flach zusammen.

PB: Leider trägt die geringere Höhe der Bethge nicht zu einem besseren Tragekomfort bei, denn dieser wird vom scharfkantigen Gliederband – vor allem an der Innenseite der Gehäuseanschlüsse – nachhaltig geschmälert. Die aus dem Vollen gearbeiteten Glieder sind im Gegensatz zum Nettuno-Band nur genietet, nicht geschraubt. Letzteres wirkt nicht nur wegen seiner polierten Mittelglieder hochwertiger, sondern auch das Finish der Elemente ist sorgfältiger.
Nicht überzeugen konnten mich die beiden Blech-Faltschließen, die sich unschön angreifen und nicht gerade geschmeidig funktionieren. Ich bin mir wohl bewusst, dass eine ausklappbare Bandverlängerung (Längengewinn: 21 mm bei der Marcello C, 25 mm bei der Bethge) von Tauchern sehr geschätzt wird. Ich dagegen fühle mich als Opfer der Klappmechanik, denn sie verhindert zuverlässig eine anständige Feineinstellung des Bandes über die kleine Lochleiste im Schließenbügel. Wenn man hier den Federsteg zwei, drei Löcher in Richtung «kürzer» verschiebt, schmiegen sich die gefalteten Laschen der Faltschließe nicht mehr sauber aneinander: Die Schließe stellt sich auf und steht ab. Die Bethge hat ja zumindest noch ein halbes Glied zum Jonglieren mit der richtigen Bandlänge, doch hat dieses eine etwas andere Anstoßbreite als die ganzen Glieder, die sich nicht optimal an der Faltschließe befestigen lassen. Bei Marcello C gibt es halbe Glieder nicht einmal zum Nachbestellen.
MH: Was den Tragekomfort einer Uhr angeht, ist der Kollege wohl deutlich sensibler als ich. Ich empfand beide Testkandidaten im Wortsinne als gut tragbar. Sowohl im Alltag als auch in der Freizeit, beispielsweise beim Radeln, Ski- und Motorradfahren, fielen mir keine gravierenden Komfortmängel auf. Mit den Faltschließen kann man sicher keinen Schönheitspreis gewinnen, funktionell sind sie jedoch allemal. Im Vergleich zu meiner alten Rolex aber tragen sie doch deutlich mehr auf. Dort wurde konsequent für alle Bauteile geprägtes Blech verwendet, was zwar allenthalben von Kollegen kritisiert wurde, sich aber bewährt hat – und damit deutlich flacher ist als die heute übliche Bauweise mit den ineinandergreifenden Laschen. Was die Qualität und Schönheit der Bänder angeht, schließe ich mich meinem Kollegen an: Auch mir gefällt das Band der Marcello C aus genannten Gründen besser.

Technik & Gang

Marcello C spendiert dem Sellita SW300 einen personalisierten Aufzugsrotor – auch wenn man ihn kaum einmal zu Gesicht bekommt.
Das ETA Kaliber 2824-2 in der Taucheruhr von Bethge & Söhne glänzt nicht mit Zierschliffen, aber mit stabilen Gangwerten.

MH: Beide Uhren gehen mit Schweizer Automatikwerken an den Start. Marcello C greift zum Sellita SW200-1 und veredelt dies mit einem individualisierten Rotor. Mehr Dekoration gibt es nicht. Darauf legt auch Bethge keinen Wert und kauft für seine Taucheruhren bei der ETA ein gänzlich undekoriertes 2824-2. Weil beide Werke hinter einem Stahlboden – bei der Nettuno 3 obendrein noch hinter einer Weicheisenkalotte – verborgen sind, stört mich das nicht. Schon gar nicht in diesem Preissegment. Dafür wissen wir aus Erfahrung, dass beide Uhrwerke laufen wie eine Eins, wenn sie richtig eingeregelt sind. Was auch bei unseren Testuhren der Fall war. Beide wurden leicht ins Plus reguliert. Auf unserer Zeitwaage Witschi Chronoscope S1 wies die Marcello C einen durchschnittlichen Vorgang von 1,8 Sekunden am Tag (s/d) auf, die Bethge lief mit 5,7 s/d etwas schneller. Auffällige Lagenfehler sind auf den Messdiagrammen beider Uhren nicht zu erkennen. An meinem Handgelenk liefen beiden Uhren gleichmäßig, die Nettuno 3 mit 1,5 s/d, die Nautica Diver mit 4 s/d. Beide Werte liegen innerhalb der Chronometernorm.
PB: Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Die Bethge ging bei mir am Handgelenk konstant drei Sekunden im Plus, die Marcello C sogar um null herum.

Fazit

MH: Für die Nettuno 3 sprechen aus meiner Sicht der eigenständigere Auftritt sowie das schönere Band und die hochwertigere Lünette. Deshalb kostet sie aber auch fast 140 Euro mehr als die Wettbewerberin. Die Nautica Diver ist deutlich flacher und passt deshalb etwas besser unter meine Motorrad-Lederjacke. Außerdem ist sie, wie schon erwähnt, näher am Original. Oh Mann, da fällt die Entscheidung schwer. Nach reiflichem Überlegen liegt die Marcello C mit 55:45 vorn.
PB: Ich glaube, ich würde lieber ein paar Monate länger sparen und mir die Marcello C Nettuno 3 leisten, weil sie mir einfach besser verarbeitet vorkommt. Mit der Bethge Nautica Diver könnte ich letztlich aber auch leben. Die scharfkantigen Bandanschlüsse sind mit etwas feinem Schmirgelpapier rasch geglättet. Oder noch einfacher: Ich würde ein schönes NATO-Band dranmachen, dann sieht sie aus wie ein interessanter Schubladenfund aus den sechziger Jahren.


Text: Peter Braun, Martin Häußermann
Bilder: Martin Häußermann


Die interessantesten Uhren-Paare in unserer Reihe «Probezeit»:

Baume & Mercier Clifton Baumatic vs. Nomos Tangente Neomatik 41 Update

Habring2 Doppel-Felix Datum vs. Sinn 910 Jubiläum

A. Lange & Söhne Richard Lange Springende Sekunde vs. Jaeger-LeCoultre Geophysic Universal Time

Chronoswiss Flying Regulator vs. Erwin Sattler Régulateur Classica Secunda

Davosa Titanium Automatic vs. Stowa Seatime «Black Forest»

Carl F. Bucherer Patravi Scubatec vs. Ulysse Nardin Marine Diver

Bethge &. Söhne Nautica Diver vs. Marcello C. Nettuno 3

Damasko DC 58 Chronograph vs. Stowa 1938 Chronograph

Seiko Presage Multifunktion vs. Tissot Ballade C.O.S.C. Silizium

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